Es gibt wohl kaum einen Nicht-Fan der Stuttgarter Kickers, der so auf die Wiedereröffnung des Stadions auf der Waldau hingefiebert hat wie ich. Der Umbau bietet nämlich die mittlerweile rare Möglichkeit für einen Besuch in einem neuen Stadion unweit der St. Galler Heimat.

Vor wenigen Monaten war es dann soweit und schnell hatte ich mit dem Gastspiel von Dynamo Dresden anfangs Mai ein passendes Spiel für den Besuch am Degerloch gefunden. Mit vier Kollegen hatte ich die Reisegruppe ebenfalls in Rekordzeit beisammen. Neben Lukas, der bereits im letzten Herbst beim Gastspiel von Dynamo Dresden in Grossaspach dabei war, sind auch die anderen Mitfahrer ebenfalls gut über Fussball informiert und nicht zum ersten Mal mit mir unterwegs. Somit hatten wir eine flotte Reisegruppe zusammen und konnten uns schrittweise den restlichen Punkte auf der „To-Do-Liste“ einer solchen samstäglichen Kaffeefahrt (Bierfahrt?!) ins Schwabenland widmen.

Als Transportmittel wählten wir den Zug aus, wobei wir Glück hatten, dass der grosse Streik der Gewerkschaft deutscher Lokführer erst für nächste Woche eine vollständige Lahmlegung des Schienenverkehrs vorgesehen hatte. Da uns dieser Machtstreit aber nicht betraf, finde ich hier nur lobende Worte für die Deutsche Bahn, die uns sicher und vor allem kostengünstig nach Stuttgart und zurück brachte. Nur die Routenplanung erlebte kurzfristig eine Änderung und so ging es nicht via Konstanz, sondern früher über Lindau nach Stuttgart, um auf dem Frühlingsfest in Stuttgart ja nicht zu kurz zu kommen.

Nächster Punkt auf der Liste: Fünf Tickets kaufen! Deren Beschaffung gestaltete sich nicht wegen überdurchschnittlich grossem Andrang, sondern aufgrund unnötiger Auflagen und einem altmodischen System der Kickers ziemlich aufwendig. So können Tickets lediglich im Voraus gekauft werden, wenn der Käufer dafür ein Bestellformular auf der Webseite herunterlädt, dieses ausdruckt und ausfüllt, wieder einscannt und dann den Verantwortlichen wieder zusendet. Da geht’s ja in Omas Dorfladen moderner zu und her. Nachdem ich mir das Ganze schlussendlich doch angetan habe, um im Fall eines ausverkauften Hauses nicht mit leeren Händen dazustehen, kam einige Tage später eine Mail vom Ticketing-Team der Kickers. Der „werte Kunde aus der Schweiz“ solle ihnen doch bitte fünf Lichtbildausweise per Mail zukommen lassen, damit auch tatsächlich nur derjenige ein Ticket erhält, der dazu berechtigt ist. Einen Moment lang dachte ich daran, hier den Verantwortlichen mit einem Mail den Tarif durchzugeben, entschied mich dann aber aber mit einer höflichen aber bestimmten Nachfrage zufrieden zu geben. Die Antwort blieb wage und nicht nachvollziehbar und so blieb nichts anderes übrig als die Ausweise einzusammeln, zu scannen und schlussendlich einzuschicken, ehe das Einverständnis seitens der Kickers-Verantwortlichen kam und die Karten zwei Wochen später im heimischen Briefkasten zu finden waren.

Kaum hatte ich am Freitagabend die Augen geschlossen, klingelte auch schon wieder der Wecker und es ging zur Bushaltestelle, wo bereits Nachbar Claudio (der jüngerer Bruder von Flavio, der ebenfalls oft mit mir auf Tour geht) mit einem breiten Grinsen auf mich wartete. Zusammen bestiegen wir den ersten Bus des Tages, gabelten am Bahnhof den dritten Kumpel auf und versorgten uns am Bahnhofskiosk. Beim ersten Halt stieg Mitfahrer Nummer vier hinzu, ehe Lukas die Truppe zwanzig Minuten später kurz vor Lindau komplettierte.

Dort stiegen wir auf den Interregio um und die Fahrt verlief feuchtfröhlich mit einem improvisierten Boxenstopp in Friedrichshafen. Um zehn Uhr morgens erreichten wir schliesslich pünktlich den Bahnhof in Stuttgart, von wo aus es nach einem bierbedingten Zwischenfall direkt weiter zum Cannstatter Wasen ging. Kurz nach dem Mittag ging es für uns zurück zum Bahnhof und weiter in Richtung Fernsehturm, wo auch das Stadion liegt. Die servierte Pfütze vor Ort und auch andere Umstände führten dazu, dass wir uns nun mit dem Konsum etwas zurückhielten und stattdessen das Treiben auf dem Platz verfolgten. Dieses war zwar nicht auf sonderlich hohem Niveau aber sehr unterhaltsam und kurzweilig. Schlussendlich durften die rund zweitausend mitgereisten Sachsen über einen Last-Minute-Treffer und einen daraus resultierenden 3:4-Auswärtssieg für die Sportgemeinschaft aus Dresden jubeln.

Das Spiel war mit 8’000 Zuschauer gut besucht, wobei knapp ein Viertel davon Platz auf der neuen Haupttribüne Unterschlupf finden. Gegenüber liegt ein Teil des ungünstig positionierten Gästeblock sowie den Stimmungskern der Kickers. Das Polizeiaufkommen vor Ort war einmal mehr sehr gross, wobei es am ganzen Nachmittag nur zu einem kleinen Zwischenfall kam, nämlich als Unbekannte im Dresden-Block eine Zaunfahne zu entwenden versuchten. Gibt sicher bessere Ideen als eine solche Kamikaze-Aktion…

Für die Gastgeber ist mit der Niederlage der Aufstieg in weite Ferne gerückt, sodass sich vor Ort allgemeine Ernüchterung bereitmacht. Wir machten uns zurück ins Stadtzentrum und bestiegen gegen 18 Uhr wieder den Zug in Richtung Heimat. Dort angekommen, warteten bereits die nächsten Kumpanen grinsend auf uns und ein feuchtfröhlicher sowie ziemlich langer und anstrengender Tag nahm früh am nächsten Morgen in der Innenstadt sein Ende. Danke Jungs; gerne wieder!