Die Münchner Stadionknappheit treibt nebst merkwürdigen auch schöne Blüten – zumindest in den Augen von Liebhabern historischer Sportstätten. Angespannter präsentierte sich die Lage aus Sicht des Viertligisten Türkgücü, der nach dem Rauswurf aus dem Grünwalder Stadion zur Sommerpause noch ohne neuerliche Heimat dastand.

Bereits in der Saison 2021/22 hatte der damalige Drittligist einige Partien im sonst nicht mehr bespielten Olympiastadion ausgetragen. Das Abenteuer während der Corona-Pandemie endete für Türkgücü aber vorzeitig und in der Insolvenz. Mittlerweile hält sich der Klub seit drei Spielzeiten in der Regionalliga Bayern, doch die Stadion-Odyssee dauert auch eine Stufe tiefer an. So haben die Verantwortlichen auf ihrer verzweifelten Irrfahrt gar ein Exil-Dasein im 150 Kilometer entfernt gelegenen Dörfchen Seligenporten nicht ausgeschlossen. Statt eines trostlosen Daseins in der Oberpfalz tritt der Klub zu seinen «Heimspielen» nun primär in Heimstetten an, während er immerhin vier Partien auf Münchner Boden im Städtischen Stadion an der Dantestrasse ausgetragen darf. Mehr Gastspiele auf der Anlage lässt deren dichter Belegungsplan mit den beiden Hauptmietern aus dem Bereich des American Football, den Munich Cowboys und den München Rangers, nicht zu.

Wie der Name des angrenzenden Freibads geht auch jener der Spielstätte auf den italienischen Dichter und Philosophen Dante Alighieri zurück. Wie beim vorab besuchten Campus des FC Bayern lässt sich auch beim einst über 30’000 Plätze bietenden Bau die NS-Vergangenheit aus architektonischer Sicht nicht vollends verbergen. So entstand der Durchbruch der Gegengerade zugunsten der Marschkolonnen der Hitlerjugend, die einst Veranstaltungen im Stadion abhielten. Für den türkischstämmigen Klub bedeuten die vier Heimspiele eine Rückkehr nach 18 Jahren, gastierte Türkgücü zuletzt 2006 unter dem Namen Türk SV 1975 München im Dantestadion. Dieses beeindruckt mit schöner Fassade, trapezförmiger Tribüne und von Bäumen gesäumten Stehtraversen. Seit 2022 gilt die Spielstätte deshalb zurecht als bayerisches Baudenkmal und erinnert mich ein wenig an das Beke teri Stadion im Süden Budapests.

Nach früher Führung ging Türkgücü ganz offenbar die «Gücü» (türkisch für Kraft) aus, sodass die Hausherren die Partie gegen Eintracht Bamberg noch aus der Hand gaben. Nach dem 1:2 gegen die Oberfranken steht der Klub nach sieben Runden ohne Sieg und mit lediglich zwei Punkten am Tabellenende. Die 524 Zuschauer nahmen die Pleite gelassen zur Kenntnis, war doch über die Hälfte von ihnen des Stadions wegen und ohne Bezug zum Heimteam angereist. Auch aus Bamberg hatte sich ein Dutzend Anhänger eher «lustlos» hinter einer Zaunfahne mit der Aufschrift «Raglos» eingefunden. So bleibt das rare Highlight der Gruppe die Ankündigung aus dem Oktober 2023, als sie für das Auswärtsspiel in Memmingen eine Anreise per Flieger mit zwei Zwischenstopps in Italien propagierte.