«Willkommen in Gagausien», steht in Kyrillisch auf einem verblichenen Schild am Strassenrand. Die Einreise erfolgt hier ohne verrosteten Schlagbaum oder grimmigen Zollbeamten. Dass wir die «autonome territoriale Einheit» im Süden der Republik Moldau erreicht haben, merken wir deshalb nur, weil wir nach einem besonders holprigen Streckenabschnitt, der über eine Wiese und an einer Schafherde vorbeigeführt hatte, ausgerechnet an dieser Stelle einen Kontrollgang um den Mietwagen unternehmen. Bereits kurz nach Chisinau war die geteerte Strasse einem Asphalt-Flickenteppich gewichen, der mit jedem Kilometer weiter an Substanz verloren hatte.

Comrat, das Zentrum der abtrünnigen Region mit 160‘000 Einwohnern, erreichen sowohl das leidgeprüfte Mietauto als auch wir zum Glück unbeschadet. Seit Mitte der 1990er-Jahre leben die Menschen in Gagausien (mit Betonung auf und kurzer Pause vor dem Buchstaben «U») grösstenteils autonom und besitzen ein eigenes Parlament und eine eigene Gesetzgebung. Viele Strassen tragen noch immer die Namen aus der Sowjetzeit und vor dem Regionalparlament ist eine Statue von Wladimir Iljitsch Lenin zu finden. Die turkstämmige Volksgruppe sympathisiert aber nicht nur mit Russland, sondern aufgrund ihrer ursprünglichen Herkunft auch mit der Türkei.

So hat vor einigen Jahren auch Recep Tayyip Erdogan die Regionalhauptstadt und mitunter das Stadion besucht und dabei mit seinem Helikopter das Dach des Neubaus beschädigt. Immerhin kam der türkische Präsident selbst für die Reparaturkosten auf, sodass heutzutage noch immer eine moderne Spielstätte mit Kunstrasen und knallroter Laufbahn am See im Norden von Comrat zu finden ist, die nach einem lokalen Sportförderer benannt ist.

Eine wesentlich vielfältigere Namenshistorie weist der lokale Fussballklub Univer Comrat auf, der erst seit 2023 unter dieser Bezeichnung auftritt. Seine Ursprünge liegen Anfang der 1990er-Jahre, als der städtische Verein Bugeac Comrat entstand und schon im zweiten Jahr seines Bestehens die erste Austragung des moldauischen Pokals gewinnen konnte. 1996 verschwand Bugeac aber bereits wieder von der Landkarte. Der damalige Nachfolger liess sich bei der Namenswahl von der städtischen Universität inspirieren, die nach weiteren Umbenennungen allerdings erst seit zwei Jahren in Form des Zusatzes «Univer» wieder Erwähnung im aktuellen Namen des Zweitligisten findet.

Als Liga-Neuling spielt Univer bisher eine überraschend erfolgreiche Saison und qualifizierte sich nach dem Jahreswechsel prompt für die Aufstiegsgruppe, die nebst einem Meister in einer Finalrunde auch einen zweiten Aufsteiger kürt und unter der Bezeichnung «Liga 1» ausgetragen wird. An diesem sommerhaften Freitagabend zieht das Heimteam vor 100 Zuschauern allerdings einen schlechten Tag ein und verspielt gegen Victoria Bardar eine frühe Zwei-Tore-Führung. Zum Schluss unterliegt Univer den Gästen aus Chisinau mit 2:3 und verpasst in den Wochen darauf mit einer Niederlage im Playoff-Halbfinal auch die Chance auf den direkten Durchmarsch in die höchste Spielklasse der Republik Moldau.