Kaum kehrte ich im April von meiner Tschechien-Tour zurück, ging es spontan nach Karlsruhe und somit auf einen der unterhaltsamsten Tagesausflüge dieses Jahres. Heute Sonntag sollte es zu einem Rezidiv kommen, erneut mit einer Partie in der zweiten Bundesliga und erneut mit Nachbar Flavio, der mich damals nach Karlsruhe begleitete. Dieses Mal steuerten wir aber nicht Karlsruhe, sondern die Heimat des VfR Aalen an.

Da wir am Morgen bereits sehr früh in den Tag starten sollten, sagte ich sämtliche Einladungen von Kollegen ab und ging stattdessen früh ins Bett. Mit der Zeit lernt man eben! Ganz im Gegensatz zu meinem Mitfahrer Flavio, der am Morgen nur noch ein Schatten seiner selbst war. Spätestens auf der Fähre Richtung Friedrichshafen ging es ihm aber wieder besser und wir verbrachten den Rest der Reise plaudernd im Zugabteil und beide waren überrascht, wie schnell Aalen erreicht wurde. Gesprächsthema Nummer 1 war natürlich unser FCSG, der im Moment in der Winterpause schlummert. Erst auf so einer Reise wird einem bewusst, wie viel wir bereits gemeinsam nur schon dank diesem Verein erlebt hat. Auch ein Thema war natürlich der Cupfinal, weiterhin ein Traum, der aber langsam in Griffnähe kommt. Das Los hat uns nämlich ein Gastspiel beim SC Buochs beschert und mit einem Sieg beim Fünftligisten stünden der FCSG bereits im Halbfinale.

Zurück zum heutigen Duell, das aus tabellarischer Sicht wenig Brisanz mit sich bringt, trotzdem gibt es einige Punkte, die durchaus interessant sind. So wären heute zwei Club-Tore gleichbedeutend mit dem 99. und dem 100. Gegentreffer für Aalen in der 2. Bundesliga. Der Gastgeber verfügt mit 13 Treffer zudem über den schwächsten Sturm der Liga, hat aber mit elf verschiedenen Spielern die grösste Variabilität an Torschützen aufzuweisen. Einer davon ist Jürgen Gjasula, der ein paar Jahre beim FC St. Gallen und in Basel verbracht hatte. Nach der Ankunft blieb für uns nicht mehr viel Zeit und es ging direkt zur Scholz Arena, die erhöht und abseits vom Stadtzentrum zu finden ist. Die zwei Tickets waren hinterlegt, danach ging es ohne Einlasskontrolle ins Stadion. Platz fanden wir auf der Stehrampe der Heimfans, wo wir uns abseits der aktiven Fanszene hinstellten. Trotz der Nähe zu den Heimfans waren an diesem grauen Nachmittag vor allem die Glubb-Anhänger zu hören, welche die ganze Hintertortribüne und auch Teile der Gegentribüne für sich beanspruchten. Mit 11’184 Zuschauern war das Ganze sehr stimmungsvoll.

Zum Einlauf der Mannschaften zeigten die Heimfans eine Zettelchoreo, wo mit viel Fantasie das Wort „Derbysieger“ zu lesen war. Der Fussballkenner weiss natürlich, dass die Aalener hier auf das Ostalb-Derby in Heidenheim von letzter Woche (0:1) anspielen, das sie überraschend für sich entscheiden konnten und so dem FCH die erste Heimniederlage in der 2. Bundesliga zufügten.

Heute fanden aber die Franken besser in die Partie und bereits in der 11. Minute konnten die viertausend Gästeanhänger ein erstes Mal jubeln. Nach einer starken Ballannahme und einer noch besseren Flanke von Sylvestr konnte Niclas Füllkrug zur Führung für den Club einköpfeln. In der Folge blieb das Team vom Schweizer Trainer René Weiler, abgesehen von wenigen Nadelstichen der Aalener, das spielbestimmende Team im ersten Durchgang. Nach einer Stunde war es erneut Niclas Füllkrug, der einen Freistoss via Pfosten und Torwartrücken ins Netz zirkelte. Nach diesem Doppelschlag der Nürnberger erwarteten alle eine Reaktion des Heimteams und die kam auch – allerdings unter gütiger Mithilfe von Club-Verteidiger Bulthuis, der im Strafraum ungestüm zu Werke ging. Die Verantwortung für den Penalty übernahm Jürgen Gjasula, der in der lässig zum 1:2 einschob. Es folgte eine spannende Schlussphase, schlussendlich blieb es aber beim knappen Resultat und somit dem zweiten Dreier der Saison in der Fremde für die Nürnberger. Für einen letzten Aufreger sorgte Penaltysünder Bulthuis, der nach einer dummen Aktion vom Platz flog.

Nach dem Spiel ging es für uns zurück in die Schweiz, wobei die Rückfahrt länger dauerte, da der Zug an jedem noch so kleinen Bahnhof anhielt. Zum Glück sorgte das Abendprogramm der Deutschen Bahn für genügend Unterhaltung. Diese reicht von elektrosensitiven Leuten mit Glitzersternchen auf der Stirn bis hin zu Alkoholleichen auf der Heimfahrt vom Weihnachtsmarkt. Irgendwann erreichten wir schliesslich Friedrichshafen und per Fähre ging es zurück in die Heimat.