Es muss vor etwas mehr als vier Jahren gewesen sein, als ich das erste Mal staunend in der Lillywhites Filiale am Piccadilly Circus gestanden habe und mein Blick über die Vielzahl an Fussballshirts von weitgehend unbekannten Vereinen wanderte. So ganz ohne Souvenir wollte man dieses Paradies natürlich nicht verlassen und so entschied man sich damals (vermutlich des tiefen Preises wegen) für ein Traineroberteil. Auf dem blauweissen Vereinswappen prangte eine Drossel. Dass daher ein gewisse Affinität zu West Brom rührt würde ich allerdings nicht behaupten, dennoch trage ich bis zum heutigen Tage an lauen Sommerabenden gerne ab und an mein WBA-Oberteil und mir sind in der englischen Meisterschaft im Gegensatz zum Club aus dem Vorort von Birmingham andere Vereine wesentlich weniger sympathisch.

Das Wort am vorangehenden Satzende bildet dann auch gerade eine passende Überschrift zum Spielbesuch am heutigen Nachmittag. Faire Preise in einem gefälligen Stadion wo man Zeuge einer äusserst unterhaltsamen Partie mit guter Stimmung wurde. Scheint, als hätte ich mich damals vor vier Jahren für den richtigen Verein entschieden. Damit man das Ganze aber überhaupt erleben durfte war aber ein zügiger Gang von der Haltestelle The Hawthorns bis zum gleichnamigen Stadion angesagt, ehe ich mein Platz links hinter dem Tor neben den Gästeanhängern einnahm. Mit leicht schrägen Blick bot sich mir nun eine Sicht auf das Tor sowie die dahinter imposant in die Höhe steigende Gegentribüne.

Die meisten der 24’150 Zuschauer richteten am heutigen Tage ihre Augen allerdings auf die Stürmer Jamie Vardy im Dienste von Leicester City und auf ihren Helden Saido Berahino. Doch während Berahino ganz ohne Torerfolg blieb, im Gegensatz zu Vardy, waren es andere Spieler, die meiner Meinung nach das Spiel prägten. So zum Beispiel im Zweikampf ausserordentlich stark agierende Mahrez bei den Gästen. Bei den Albions gefiel mir besonders sein Gegenüber Sessègnon, der stets Gefahr ins Spiel der Albions brachte.

Letzterer war es dann auch, der nach einer halben Stunde Rondon im Sturm der Hausherren anspielte, was prompt den Führungstreffer für WBA mit sich brachte. Dabei blieb es bis zum Pausenpfiff. Wer die englische Tabelle kennt weiss aber, dass Leicester in der jüngsten Vergangenheit zu einem wahren Spitzenteam gewachsen ist und nicht nur den erfolgreichsten Torschützen in ihren Reihen hat sondern als momentan Drittplatzierter generell ordentlichen Powerfussball spielt. Und so war es dann auch, als Mahrez mit einem Doppelpack binnen weniger Minuten den bereits beachtlichen Lärmpegel der Gästeanhänger nochmals ein paar Dezibel in die Höhe schrauben liess.

Ich rieb mir bereits die Wett-Hände, da ich mir einen solchen Spielverlauf gewünscht hatte und mit einem Leicester rechnete, dass sich jetzt zurückzieht und verteidigt, während West Brom vom ebenfalls stimmungsvollen Heimanhang zum Ausgleich gepeitscht werden sollte.

Doch es kam anders, der temperamentvolle Mann der Stunde enteilte der Abwehr der Baggies und schloss satt zum 1:3 ab. Zeit, etwas mehr über den doch etwas spezielleren Werdegang dieses Fussballers zu erzählen. Stets dem Fussball treu wurde Jamie Vardy im zarten Alter von 15 Jahren Opfer von voreingenommenen Trainern mit stereotypischen Vorstellungen was die Bauform eines Stürmers betraf und somit bei den Blades in Sheffield aussortiert. Fortan glaubte der Engländer nicht mehr richtig an den Durchbruch und schnürte seine Schuhe nur noch hobbymässig in der achten Liga des Landes. Seinen Torriecher hatte er aber nicht verloren und so schoss er den Stockbridge FC quasi im Alleingang in die siebte Spielklasse und ihm wurde ein Vertrag beim Ligakonkurrenten Halifax angeboten, welchen er trotz Angeboten aus höheren Ligen aufgrund der verhältnismässig guten Bezahlung annahm. Zu der Zeit geriet Vardy, wie sein exzentrischer Persönlichkeit erahnen lässt, etwas mit dem Gesetz in Konflikt. Trotz allem warf Fleetwood damals als erster Proficlub ein Auge auf den rackernden Feierabendkicker. Und so wurde er darauffolgende Saison verpflichtet. Obschon man dem ganzen Unterfangen von allen Seite pessimistisch gegenüber stand, sollte es schlussendlich ein Geschäft werden, das sich lohnte. Denn zwei Jahre und mehr als dreissig Tore sowie einen Aufstieg später konnte er für ein Vielfaches an den damals zweitklassigen Verein aus Leicester verkauft werden.

Wer jetzt denkt, dass Vardy nun endlich den Durchbruch schaffte, täuscht sich. Er musste bei den Füchsen lange auf seine Chance warten und erfüllte die hohen Erwartungen zu Beginn nicht. Doch seine Zeit kam. Und wie. In der laufenden Saison hat er 12 Spiele bestritten und genauso viele Tore auf seinem Konto. Unantastbar befindet er sich an der Spitze der Torschützenliste und ist seit kurzem auch frischgebackener Nationalspieler.

Sein Pendant bildet Rickie Lambert, der eine ähnlich spezielle Laufbahn vorzuweisen hat. Und auch er durfte sich noch in die Torschützenliste eintragen. Der wohl beste Penaltyschütze Englands traf kurz vor Schluss zum 2:3. Dabei sollte es bleiben. Gewettet hatte ich auf ein Unentschieden, aber man kann ja nicht alles haben. Wie eben damals im Londoner Lillywhites.