Groundhopping ist, wenn aus einem spielfreien Wochenende kurzfristig eine dreitägige Tour wird. In der dritten Runde des FA Cups sollten nämlich gleich mehrere spannende Partien ausgetragen werden. Ausschlaggebend für die Reise nach England war das Heimspiel von West Ham am Freitagabend, das den Auftakt darstellte.

Einen Begleiter fand ich mit Jens einmal mehr in meiner unmittelbaren Nachbarschaft. Am Freitag kreuzten wir zwei frühmorgens am Flughafen in Zürich auf, wo eine mehrstündige Verspätung auf uns wartete. Statt um halb acht ging es schliesslich um halb elf in Richtung London – dem Nebel am Ufer des City Airports sei Dank. Für uns war diese Verspätung aber nur wenig tragisch, da das Duell der beiden Erstligisten erst am Abend stattfand. Da traf es eine Frau in der Reihe vor uns deutlich schlimmer, die bei einem Termin auf der Botschaft in London anscheinend ihre Aufenthaltsbewilligung hätte verlängern müssen. Arme Frau, aber solch wichtige Anliegen zögert man nicht derart hinaus.

Nachdem wir in London gelandet waren, machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt. Mittlerweile sorgte auch das Wetter für bessere Gemütslage. Nichtsdestotrotz verbrachten wir den Nachmittag in einem Pub nahe King’s Cross, wo sich auch einige Fans von Manchester City niederliessen. Jens und ich als West-Ham-Sympathisanten blieben aber unerkannt und so erreichten wir am Abend heil das Stadion. Dieses ist seit der laufenden Saison die Spielstätte der Hammers, die nach 112 Jahren im altehrwürdigen Boleyn Ground ins «London Stadium» wechselten. Der Neubau im Zuge der Olympiade versprüht alles, was den englischen Fussball und seine Spielstätten eben nicht ausmacht. Eine Laufbahn rundet das schlechte Stadionerlebnis ab. West Ham hat mit dem Wechsel der Heimat und dem neuen Logo seine Seele verkauft. Auch die engen Gassen rund um das Stadion, die Stände mit Fanartikeln und dem typischen Street Food fehlen. Nein, das ist nicht (mehr) der Club, dem ich seit Jahren meine Sympathie entgegenbringe.

Passend zum Drumherum präsentierte sich der Auftritt von West Ham auf dem Feld, wo sie sang und klanglos mit 0:5 untergingen. Sinnbildlich dafür war ein Eigentor von Nordtveit. Trotz zuletzt schlechten Leistungen war das Stadion mit 56’975 Zuschauer gut gefüllt. Wie im Pokal üblich wurde die grössere Gästeallokation von den Fans aus Manchester zwar ausgenutzt, stimmungstechnisch war von ihnen aber trotzdem so gut wie nichts zu vernehmen. Einziger Lichtblick stellte die kleine Gruppe West-Ham-Fans dar, die direkt neben dem Gästesektor nicht nur um Support bemüht war, sondern lauthals pöbelte und in der Schlussphase die eigene Mannschaft verhöhnte. Den Schlusspunkt setzten zwei «Pitch Invaders» verkleidet im Spiderman-Kostüm, die im Londoner Nieselregen für Belustigung sorgten. In der Metro stupste mich auf einmal Stephano an, von dessen Anwesenheit ich zwar wusste, anfangs über des zufälligen Treffens aber etwas perplex schien. Für einen gemeinsamen Pubbesuch blieb allerdings keine Zeit. Für ihn ging es nämlich zurück zum Flughafen, während wir unser Nachtquartier anpeilten, da uns der Zug am nächsten Morgen weiter nach Liverpool bringen sollte.