In England einen Doppler zu realisieren ist normalerweise relativ schwer, da man am Samstag mit dem drei Uhr Termin eigentlich eine ligaübergreifende Fix-Anspielzeit hat. Allerdings werden in der ersten und zweiten Liga jeweils noch wenige Partien nach hinten oder vorne geschoben, damit auch der Konsument vor der Kiste den ganzen Nachmittag beschäftigt werden kann. Diesmal war mir diese Tatsache aber relativ egal, zumal durch das Fernsehspiel mein erster Doppler auf englischem Boden Tatsache wurde.
Aber wegen der ganzen Sache jetzt nervös zu werden, nein dass dann auch wieder nicht. Und so wie gewöhnlich abgebrüht zur frühen Stunde souverän die Bettdecke zurückgeschlagen, asozial den Kollegen Schenk geweckt und in den Samstag gestartet. Nach der Morgentoilette ging es dann wieder zu Fuss weiter, allerdings nicht zurück nach Stoke sondern zum Provinzbahnhof in Longport, was aber auch knapp zwanzig Minuten Fussmarsch bedeutete. Allerdings eine willkommene Morgenfitness gewesen und ebenso pünktlich wie der Zug standen auch wir am Bahnhof und wurden zurück nach Stoke gebracht. Im Zug dann noch einen Fahrschein gelöst von Stoke bis nach Wolverhampton und da uns der Kondukteur im Zug übersah konnten wir den Fahrschein auch beim zweiten Mal für die Strecke an diesem Tag nutzen. Immerhin ein wenig Geld gespart.
Warum fahren diese Trottel überhaupt zweimal den gleichen Weg? Naja, weil das erste Spiel in Wolverhampton stattfand und Partie Nummer zwei zurück in der anderen Richtung in Stoke, wir aber unser Nachtquartier in Birmingham hatten. Also erstmal auf in Richtung Birmingham und bei den Wölfen ausgestiegen, wo noch genug Zeit für einen Stadtbummel war, ehe es gegen Mittag in Richtung Molineux gehen sollte. Die Stadt dann schon einiges einladender als noch die Häuseransammlung vom Vortag und so flanierte man bei schönstem Wetter ein bisschen in der Innenstadt mit Shopping und einem obligatem Besuch beim Herren mit den gegrillten Hühnchen aus dem Bundesstaat Kentucky.
Eine halbe Stunde vor Anpfiff dann wie geplant zu Fuss in Richtung Molineux gegangen, welches mitten in der Stadt zu finden ist. So hat man es gerne. Unsere Plätze sollten relativ nahe am Spielfeldrand, etwas links auf der Heimkurve zu finden sein und als man bei den gelben Sitzschalen eintraf grinste einem auch schon der Mirko mit grosser Sonnenbrille im Gesicht an. Der Aachener Hopper hatte von meinen Plänen gehört und ebenfalls die beiden Spiele im Visier, sodass man sich für diese Zeit zusammenschloss. Während Andrin I und Andrin II kurz vor Anpfiff in den Stadiongängen noch schnell ein Bier genossen, blieb Mirko im Rund und wachte auf unsere Rucksäcke. Danke nochmals! Kurz darauf wurde die Partie auch schon angepfiffen, bei Wetter wie aus dem Bilderbuch. Da soll mir noch jemand sagen auf der Insel regne es das ganze Jahr über. Ne nix da! Zu Beginn mit der Club-Hymne wurde es auch ein erstes Mal richtig laut, was zeigte welches Potential man hier durch die Kommerzialisierung verscherbelt. Da würden von der Lautstärke her einige Vereine in heimischen Gefilden alt aussehen. Aber schliesslich ging es ja auch noch um etwas, nämlich um einen Play-Off-Platz im Rennen um den Aufstieg ins Oberhaus. Darum auch gut Leute aus Suffolk vor Ort, die sich im Unterrang der Gegentribüne breit gemacht haben. Meiner Meinung nach würde der Gästeblock aber eher auf den neuen Anbau auf der von uns gegenüberliegenden Seite passen, welcher aber aus mir unbekannten Gründen gesperrt blieb.
Das Spiel trotz der Ausgangslage zu Beginn relativ lahm, wobei die Tractor Boys mit der ersten richtigen Chance durch ein Eigentor in Führung gingen, während sich die Wolves im Abschluss noch etwas schwer taten. Die 23’409 Zuschauer aber gut in Form und jede noch so kleine Möglichkeit wurde euphorisch beklatscht. Ansonsten der Support nur ab und an richtig gut. Trotzdem blieb es zur Pause beim knappen Vorsprung für die Gäste. Unser Ziel war es vor dem verfrühten Abgang, bedingt durch die Partie in Stoke, wenigstens noch einen Treffer des Heimteams und somit den Torjubel miterleben zu dürfen. Der Wunsch wurde anscheinend erhört und so konnte man kurz nach Wiederanpfiff erneut auf unserer Seite beobachten, wie die Gelb-Schwarzen zum mittlerweile verdienten 1:1 Ausgleich kamen. Ein paar Aktionen später war dann aber Schluss für uns mit dem schönen Molineux und man ging zügigen Schrittes zurück zum Bahnhof, wo man mit einem Bier bewaffnet den Zug bestieg und die Partie Revue passieren liess sowie über das schönste Hobby der Welt philosophierte.
Den für ein englisches Stadion relativ untypischen Namen hat die Spielstätte übrigens einem französischen Kaufmann aus dem 18. Jahrhundert zu verdanken, der in Wolverhampton ein später nach ihm benanntes Grundstück erwarb, welches über die Jahre hinweg zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt wurde und heute auch Standort des Stadions ist. Bei den Wanderers änderte sich am Spielstand zum Glück nichts mehr, was das Frühergehen rückblickend noch etwas erträglicher machte.
Kleine Info im Nachhinein: Zum Schluss der Saison verpassten die „Wolves“ den Sprung unter die Aufstiegsplätze. Davon profitierte der heutige Gegner, der im Play-Off-Halbfinal auf den Rivalen Norwich City trifft. Zwei sehr stimmungsvolle Spiele erwarten die Tractor Boys da.