Den Abschluss der Tour war dem Heimspiel von Aston Villa vorenthalten, dass am Neujahrstag mit Crystal Palace einen Verein aus London empfing. Am Abend davon genossen wir das Feuerwerk in dessen Innenstadt und dementsprechend spät wurde es. Nach einer kurzen Nacht war für uns frühes Aufstehen angesagt, um den Zug ab London Victoria nicht zu verpassen. Das Spiel war zwar erst um 15 Uhr, vorher wollten wir aber noch Birmingham besichtigen, die zweitgrösste Stadt des Landes.
Als wir unser Hotel verliessen, standen wir bereits unter Zeitdruck, der sich an der Haltestelle der Metro intensivierte, als wir sahen, dass die nächste Bahn erst in einer Viertelstunde fährt. Auf unsere Frage am Schalter, ob es überhaupt möglich sei, in so kurzer Zeit zur Liverpool Street zu gelangen, verneinte der Herr hinter der Scheibe erst, revidierte daraufhin aber seine Aussage und meinte, wenn nicht viele Leute unterwegs seien und sich die Wartezeiten gering halten, könnten wir es theoretisch schaffen.
Wir setzten alles auf eine Karte und es sollte sich ausbezahlen. Mitsamt einem Umstieg am Oxford Circus schaffte wir es im allerletzten Moment auf den Zug. Das Jahr fängt ja gut an; zum ersten! Den Zug hatten wir nun also erreicht, waren aber alle völlig ausgepumpt und der Magen knurrte, schliesslich hatten wir bisher weder etwas gegessen noch getrunken. Zum Glück fanden wir im Zug ein Bordcafe, das wir halb leer kaufen. Von nun an durften wir die Zugfahrt in die Midlands „geniessen“ und nach Stopps in Milton Keynes und Coventry erreichte wir so gegen elf Uhr Birmingham New Street. Das Programm vor dem Spiel unterschied sich hier nur leicht von jenem in Ipswich, denn abgesehen von einem Besuch im Wettbüro fanden wir uns früher als geplant mit einem Pint in einem Pub wieder und schauten uns das Mittagsspiel der Premier League im Fernseher an.
Da hätten sie ruhig einen Zug später nehmen können, werden jetzt einige Leser denken. Das mag stimmen, zu unserer Verteidigung kann ich einzig hervorbringen, dass wir uns die Stadt Birmingham um einiges interessanter und belebter vorgestellt hatten!
Gegen 14 Uhr ging es mit dem Zug in Richtung Stadion von Aston Villa. Von den drei Clubs der Stadt (Aston Villa, West Bromwich und Birmingham City) ist nur der letztgenannte im Stadtzentrum beheimatet. Der Zug war gut gefüllt wie vor jedem Spiel in England, sodass einem gar nicht auffällt, dass Aston Villa mit 75% Stadionauslastung in der Premier League deutlich am wenigsten Fans anzieht. Immerhin gestaltet sich damit die Ticketbeschaffung einfach und ich konnte wie bereits in Ipswich im Voraus ohne Probleme vier Tickets zu einem fairen Preis für die Hintertortribüne erwerben.
Um zum Stadion zu gelangen, läuft man von der Haltestelle noch eine Weile, ehe sich der Villa Park vor einem auftut. Vor allem der Eingang zum Holte End der Heimfans ist optisch schön anzuschauen. Das Stadion selbst gefällt mir wie fast jedes in England auch von innen. Aus London waren ein paar Hundert Eagles-Supporter zugegen, die während der Partie das ein oder andere Mal positiv in Erscheinung traten. Dies können wir vom Heimanhang nicht behaupten. Die Stimmung war sehr verhalten und wir vernahmen nur selten Gesänge und die Spieler wurden zur Pause von der Mehrheit der 29’047 Zuschauer sogar ausgebuht.
Das Spiel war insgesamt auf bescheidenem Niveau und ein 0:0 die logische Konsequenz. Um mein Team nach einem solchen Auftritt auszupfeifen, braucht es bei mir aber definitiv mehr. Ein Detail gibt es noch zu erwähnen: Dieser Spieltag war der torreichste an einem Neujahrstag in der Geschichte der Premier League – lediglich unser Spiel endete torlos. Das Jahr fängt ja gut an. Zum zweiten! Nach der Partie ging es für uns den gleichen Weg zurück und nach einer Verpflegungspause am Bahnhof bestiegen wir, zusammen mit diversen Palace-Fans, den Zug zurück nach London.
Am nächsten Morgen standen wir pünktlich auf, checkten aus und setzten uns in die U-Bahn Richtung Heathrow Airport. Irgendwann schaute einer von uns auf die Uhr und merkte, dass es bereits kurz nach Mittag war. Mit dem Abflug um 13:30 und Gepäck, das noch eingecheckt werden sollte, würde es eng werden. Kurz vor halb eins erreichten wir endlich den Flughafen und nach kurzer Diskussion mit einem Mitarbeiter lotste uns dieser zur „Schnellverarbeitung“ an einen speziellen Check-In-Schalter. Der Mitarbeiter dort hielt uns zuerst einen Vortrag über das späte Erscheinen am Flughafen und deren Folgen und Zusatzaufwände, ehe er uns in aller Seelenruhe einzuchecken versuchte. Es blieb allerdings beim Versuch. Grund dafür war, dass wir nur auf der Passagierliste von Frankfurt nach Zürich erschienen, nicht aber auf jener von London nach Frankfurt. Das Jahr fängt ja gut an. Zum dritten!
Da sich der Typ nicht gross darum kümmerte, dass wir bald unseren Flug verpassen würden, sprach ich selbstständig eine Dame an irgendeinem Schalter der Swiss an. Diese war sehr hilfsbereit und sah, dass uns das System nicht richtig erfasst hatte. Doch gerade, als sie uns die neuen Tickets in die Hand drückte, hörte wir aus den Lautsprechern, dass das Boarding für unseren Flug in diesem Moment beendet sei. Da half auch unser gültiges Ticket nichts mehr. Grosszügigerweise buchte sie uns in Eigenregie auf eine Direktverbindung nach Zürich um.
Insgeheim schmiedete ich bereits Pläne, welches Spiel wir heute Abend noch besuchen könnten, ehe sich doch noch alles zum Guten wendete und wir nach nervenaufreibenden Minuten in einem Flughafenrestaurant und wenig später im Flieger zurück in die Schweiz sassen.