Ein Blick auf die Spielpläne sollte meine Wenigkeit für einen Tagesdoppler mit zwei Derbys in Englands zweitgrösste Stadt lotsen. Denn da würde um die Mittagszeit erst Birmingham City und am Nachmittag noch West Bromwich sein Heimspiel austragen. Obwohl bei beiden Vereinen der eigentliche Hassgegner ganz klar Aston Villa heisst, gefiel mir die Konstellation dennoch gut genug, um mich auch nach einer ersten erfolglosen Suche bezüglich günstigen Flüge nicht vom Vorhaben abbringen zu lassen.
Schlussendlich wurde dieses Problem umgangen, indem man am späten Freitagabend London anflog und dann auf darauffolgenden Tag frühmorgens per Zug in Richtung West Midlands aufbrach. Die Tickets sollten für einmal kein wirklich grosses Problem darstellen, da West Brom, wie bereits der Stadtrivale, bei der Stadionauslastung prozentual den anderen Premier-League-Vereinen ein klein wenig hinterher hinkt. Und auch für das Heimspiel von Birmingham City rechnete ich mit keinen grossen Schwierigkeiten, da die besten Jahre der Brummies nun doch schon etwas zurückliegen. Bei WBA bestätigte sich mein Vorwissen prompt und ich war ziemlich schnell in Besitz einer Eintrittsberechtigung, sogar noch zum fairen Preis von 15 englischen Pfund. Für die zweite Partie allerdings traten ungeahnte Probleme auf.
So durfte für dieses Derby nämlich nur ein Ticket kaufen, wer über eine „Booking History“ beim Club verfügt. Dies war aber weder bei mir noch bei jemandem in meinem Umfeld der Fall. Somit verbaut sich der Club mit den erhöhten Preisen und den anderen Restriktion die wohl einzige Möglichkeit auf ein nahezu ausverkauftes Haus selbst wieder. Denn die Blues befindet sich momentan mit dem 2. Platz auf einem seltenen spielerischen Hoch und liebäugeln erstmals wieder mit einer Rückkehr ins Oberhaus. Schlussendlich sollten es aber aufgrund dieser Tatsache mit 18’946 Zuschauer sogar noch weniger werden als normalerweise.
Damit es aufgrund der abstrusen Vorschriften doch noch für einen Spielbesuch gereicht hat sorgte Paul, ein City-Anhänger aus dem Fan-Forum, der sich nach der Anfrage meinerseits bereit erklärte, mir eine Karte für dieses Spiel zu sichern. Man sollte sich vor Ort treffen.
Freitagabend kam. So ein Landeanflug auf die beleuchtete Metropole ist schon jedes Mal aufs Neue wirklich imposant. Bis zur Landung hin ging das Ganze auch ohne Turbulenzen vonstatten, ehe der Pilot zirka 100 Meter vor dem Boden den Steuerknüppel nochmals durchdrückte und die Maschine hochriss. Ein jeder Passager schaute sich ziemlich verwundert um, ehe seitens der Crew die Entwarnung kam, dass uns lediglich ein Flugzeug den Vortritt weggeschnappt hatte.
Einige Schlaufen später erfolgte dann die Landung. Runter kommt man ja bekanntlich immer. Danach war die Zeit für die erste der beiden Flughafennächte gekommen, wie es sich bei einer richtigen Hopperreise eben gehört. Rückschmerzen und anhaltendes Stimmengewirr holten mich am nächsten Morgen aber bald schon wieder aus dem Schlaf und ich war froh, endlich den Bus zum nahegelegenen Bahnhof besteigen zu dürfen. Dort wartete bereits die erste Herausforderung des Tages.
Das ganze Szenario jetzt zu schildern wär mir aber zu schade zumal es hier grundsätzlich um Fussball geht und ich mich sowieso schon zu oft über die Ereignisse rundherum sinniere. Gesagt werden sollte aber, dass es durchgehend bei den englischen Zuganbieter anscheinend Leute gibt, die nicht ähnlich viel Gehirnmasse fürs Denken benutzen wie andere. Die Problematik betraf in diesem Falle das Ticket und nur durch meine Vorahnung, dass ich hier auf irgendwelche geistige Liberalisten treffen könnte erreichte ich Birmingham zur pünktlichen Uhrzeit. Hier hat sich seit dem letzten Besuch zum ersten Jahrestag viel getan und so erstrahlt unter anderem der Bahnhof im neumodernen und hellen Glanz.
Viel Zeit für das Bestaunen blieb allerdings nicht, denn bereits kurze Zeit später holte mich Paul mit seinem Gefolge am Bahnhof ab und es ging in Richtung The Roost. Der BCFC ist dann auch wirklich der einzige Verein hier, der sein Zuhause im Stadtinnern fand und nicht irgendwo in der Agglomeration beheimatet ist. Zurück zum Roost, das Pub direkt neben dem Stadion, wo man bei ein paar Pints Carling die Möglichkeit hatte, die wirklich guten Leute etwas näher kennenzulernen. Seit diversen Jahren sind Paul sowie sein Bruder Phil und Kollege Dan jetzt schon dabei und kennen nicht nur fast alle wichtigen Köpfe sondern haben auch viel zu erzählen. Von dem Drama mit Happy End in Bolton bis hin zurr Sternstunde im Wembley 2011. Solchen Geschichten in einem Pub voll Althauer vor einem Spiel bei einem kühlen Bier zu lauschen; da erwärmt sich mein Herz.
Kurz vor Spielbeginn begab ich mich mit der Meute dann in Richtung heimisches Tilton End, nicht aber ohne mir vorher noch ein Poppy an den Pullover zu stecken. Der Brauch geht auf die gefallenen Soldaten im Krieg zurück und so zieren in einem jeden Stadion der Insel jeweils zu dieser Jahreszeit ein Blüte der Mohnpflanze die Brust aller Anwesenden.
Die Stimmung auf der Heimseite zu Beginn dann gar nicht mal so schlecht, wobei die Akteure der eigentlich zu favorisierenden Gastgeber alles dafür taten, um dies zu ändern. Und so folgte kurz darauf die Führung für die Wolves. Freuen konnten sich darüber knapp zweitausend mitgereiste Anhänger aus der Nachbarstadt Wolverhampton. Auch in der Folge zeigte sich Birmingham nicht von der erwartet besten Seite und wirklich grosse Chancen blieben aus. Im zweiten Abschnitt beschränkte sich die Aufregung dann auf das matchentscheidende 0:2 für die Dingles. Damit war die Sache hier im schönen St. Andrew’s gelaufen und ich verabschiedete mich zügig in Richtung Bahnhof Bordseley, welcher unweit vom Stadion liegt und mich genau noch rechtzeitig nach West Bromwich bringen sollte.