Das erste Mal konfrontiert wurde ich mit dem Verein aus Pennsylvanien vor einigen Jahren anlässlich der St. Galler Fussballlichtspiele. Zwar wusste ich bereits damals um die sehenswerte Lage des Stadions und den Schweizer Nationalspieler Tranquillo Barnetta in den Reihen von Union, mehr war aber nicht bekannt. Der Film namens „Sons of Ben“ sollte dies ändern. Eine äusserst emotionale Dokumentation, was im Zusammenhang mit Fussball verwirrend wirkt.
Thematisiert wird die Geschichte, wie im nordamerikanischen Sportsystem eine MLS-Franchise in die Metropole Philadelphia geholt wird und diese mitunter als Chance für ein langfristiges Sozialprojekt dient. Die tragende Kraft dahinter ist die Fangruppierung „Sons of Ben“, die mit enorm viel Aufwand und Herzblut erfolgreich Werbung für ein Team und seinen Spielort betreibt. Auch wenn die Herren, deren Namen auf den in Philadelphia verstorbenen Präsidenten Benjamin Franklin zurückzuführen ist, heute optisch wenig hergaben, ziehe ich meinen Hut und verweise gerne auf den gleichnamigen Film.
In die heruntergekommene Stadt Chester gelangten Flavio und ich mit einer Regionalbahn in einer guten halben Stunde. Dass hier Philadelphia Union kurz nach dem Mittag den Leader der Western Conference begrüsst, scheint unglaubwürdig. Im Gegenteil, die Häusersiedlungen auf dem Weg zur Spielstätte lassen längst vergessene Kindheitserinnerungen aus „GTA: San Andreas“ aufkommen. Ganze acht dunkelhäutige Spieler zählt die Aufstellung von Philadelphia, die auch in Downtown die erwiesene Mehrheit an Bürgern ausmachen. Der in diesem Zusammenhang unglückliche Hauptsponsor „Bimbo“ sei allerdings ein Brothersteller, wie mir unser Sitznachbar mit einem Schmunzeln im Gesicht zu erklären versucht. Zeit zum Reden blieb genug, präsentierte sich das Spielgeschehen als Abbild von gestern doch ähnlich langweilig. Zwei späte Tore zugunsten der Heimmannschaft sorgten wiederum für den 2:0 Endstand.
Stolze 15’080 Zuschauer sollten sich bei Regen im Stadion eingefunden haben, was deutlich übertrieben schien. Wenn der lokale Super-Bowl-Gewinner zeitgleich eines seiner seltenen Heimspiele austrägt, sei hier immer weniger los, wie Frank (mittlerweile hatte er sich uns vorgestellt) weiss. Der Regen sei ein weiterer Grund für diese Minuskulisse. Das schlechte Wetter sorgt also nicht nur für leere Ränge, sondern zu meinem Ärgernis auch für minder spektakuläre Fotos mit der Commodore-Barry-Brücke, die hinter dem Stadion über den Fluss Delaware führt.
Zurück im Zentrum blieb Zeit für einen Rundgang. Die zweitgrösste Stadt der Ostküste hat allerdings deutlich weniger zu bieten, als ihr nördlich gelegener Nachbar New York, den wir am späten Sonntagabend mittels Zug wieder aufsuchten.