Mit dem letzten Heimspiel von Atlético in der Gruppenphase der Champions League landete ich einen besonderen Glückstreffer, da das Estadio Vicente Calderon Ende Saison nach mehr als 50 Jahren ausgedient hat.
Umso schöner, dass sich das Ganze nun doch arrangieren liess. Das Programm in Madrid präsentierte sich deckungsgleich mit demjenigen des Vortages. Nach einer frühen Abreise und dem Bezug des Nachtquartiers blieb viel Zeit für Kultur im Stadtzentrum. Dieses kommt dank prunkvollen Gebäuden äusserst sehenswert daher. Nachdem wir bisher nur mit den Augen Eindrücke verzehrten, zog es uns um die Mittagszeit in eine Markthalle, wo wir die traditionelle Paella (selbstgarniert mit Trockenfleisch) mit einem Tropfen Weisswein den Gaumen herunterspülten.
Im Anschluss blieb Zeit genug, um dem Stadtrivalen Real Madrid einen Besuch abzustatten. Hier wird für saftiges Geld ein geführter Rundgang angeboten oder für die etwas kleinere Geldbörse die „unguided tour“. Da weder Jonathan noch ich grosse Lust verspürten, mit irgendwelchen Pappnasen im Presseraum der Reihe nach grinsend als Clubpräsident zu posieren, entschieden wir uns für letzteres. Insgesamt finde ich das Stadion mindestens so imposant wie das Camp Nou. Abgesehen vom Stadion ist das Rundherum meiner Meinung nach allerdings viel zu glamourös und hat nicht mehr viel mit der Art Fussball am Hut, den ich so liebe.
Da ist mir der „Arbeiterclub“ Atlético schon eher sympathisch. Vor dem Besuch machten wir uns es in einer Cerveceria gemütlich, ehe uns die Metro in die Nähe des Stadions bringt, durch dessen Haupttribüne die Autobahn führt. Speziell! Das Cateringangebot hielt sich – wie in Spanien eigentlich immer – arg in Grenzen, was Jonathan, dem eine Affinität bezüglich Stadionessen nachgesagt wird, aber nicht störte. So hiess es statt Bratwurst und Bürli heute einfach Sandwich und Chips. Besonders gern isst der Spanier aber seine Sonnenblumenkerne und so waren denn auch die Sitze neben uns übersät mit den Resten dieser Hülsenfrucht.
Trotz der Nähe zum Gästeblock waren vor allem die Fans von „Atléti“ zu hören. Der Preis für die Tickets ging mit 30 Euro angesichts der Champions League, wie auch die Stimmung ganz in Ordnung. Die mitgereisten Fans von Galatasaray wurden von Antoine Griezmann früh zum Schweigen gebracht, ansonsten wäre der Kampf um die Stimmungshoheit wohl etwas ausgeglichener gewesen. Griezmann, der übrigens in meiner Traumelf einen Stammplatz innehätte, sorgte auch im zweiten Abschnitt für Jubel auf den Tribüne, als er seinen Doppelpack zum 2:0 schnürte. Zeitweise konnte man sich als einer 35’753 Zuschauer beim FC Barcelona wähnen, so leichtflüssig wie die Madrilenen Podolski und Co. austanzten. Offensiv blieben die Türken harmlos und ein Atlético in dieser Verfassung braucht selbst Stadtrivale Real nicht zu fürchten.