Mit dem Estádio do Restelo hatte ich noch eine Rechnung offen. Vor eineinhalb Jahren stand ich nämlich verzweifelt am Flughafen in Manchester und starrte ungläubig auf die Departures-Liste, die eine dreistündige Verspätung für den Flug nach Lissabon anzeigte. So konnte ich das Finale der Taça de Honra, notabene das Stadtderby zwischen Sporting und Benfica, im Stadion Restelo nur noch im Landeanflug aus der Luft betrachten. Dass ich bereits so schnell wieder nach Lissabon zurückkehren würde, hätte ich nicht gedacht. Die portugiesische Staatsairline und damaliger Fluganbieter TAP habe ich seither aus Trotz übrigens komplett gemieden.
Eine Möglichkeit wäre es ja noch gewesen, mit Pascal Mercier’s Nachtzug nach Lissabon zu reisen. Ich bezweifle jedoch, dass dieser eine Verbindung für schlappe 10 Franken (!) gefunden hätte. So steuerten Jonathan und ich nach dem Flug unser zentral gelegenes Hotel per Metro an. Dort gönnten wir uns eine kurze Pause, ehe wir wieder in die Altstadt entschwanden. Keine zehn Sekunden vergingen und schon sprach uns ein Kleinganove mit den Worten „Cannabis, Koks?“ an. Lissabon vom Feinsten.
Da mir die portugiesische Hauptstadt bereits bekannt war und Jonathan auch nach wiederholtem Fragen nicht sonderlich auf eine Stadtbesichtigung pochte, entschieden wir uns für die Fahrt nach Belem. Dort galt es einerseits die Kartenfrage für die abendliche Affiche zu klären und andererseits die sommerlichen Temperaturen am Ufer des Tajos zu geniessen.
So verbrachten wir mit ein paar Cervejas der Marke Superbock einen letzten warmen Tag des Jahres. Die Sonnenstrahlen genossen neben uns auch etliche Polen, die mit ihren kahlrasierten Köpfen und dem kräftigen Körperbau schnell auffielen. In gehobener Umgebung, unweit der Promenade, befindet sich der heutige Austragungsort, wo es über eine Stadionkasse problemlos Karten zum Einheitspreis von 15 Euro zu erwerben gibt.
Vor Anpfiff ging es nochmals zurück zum Hotel und eine verspätete Strassenbahn sorgte dafür, dass wir nach Diskussionen mit dem Sicherheitspersonal bezüglich meiner Kamera erst kurz nach Anpfiff im Stadion Platz nehmen durften. Dabei sollten hier die Verantwortlichen jedem der 1’987 Zuschauer dankbar sein. Ein dürftiger Aufmarsch für eine Partie in der Europa League. Etwa 600 Plätze gingen dann noch auf das Konto der Gäste, die für gute Stimmung sorgten.
Eigentliches Highlight ist allerdings das Stadion selbst. Leider kam dies durch die Jahreszeit und die daraus resultierende frühe Dämmerung nicht sonderlich zum Tragen. Ansonsten bietet sich dem Zuschauer jeweils ein genialer Meerblick. Diesem hätte unser Duo wohl auch immer wieder Beachtung geschenkt, denn was da auf dem Rasen gezeigt wurde, war ganz tiefes Niveau. Folgerichtig kamen die beiden Mannschaften nicht über ein 0:0 hinaus, wobei die Gastgeber zu allem Elend auch noch einen Strafstoss vergab. Schlussendlich waren es auch die beiden Mannschaften, die in der Gruppe mit dem FC Basel und Florenz die Qualifikation für die KO-Runde nicht schafften.
Apropos Basel, dieses wurde am Folgetag mit dem Flugzeug erfolgreich angesteuert und bei der anschliessenden Heimfahrt sorgte ein Ur-Bebbi im Zugabteil mit einem mächtigen Hass gegenüber der Stadt Zürich und dessen Einwohner für Unterhaltung. Unterhaltsam ist dann auch gleich das ideale Stichwort für ein Fazit zu einer Reise mit weitgehend unterhaltsamen Spielen, einem unterhaltsamen Begleiter und Momenten, die dieses Hobby derart interessant machen.