Seit jeher trage ich eine Verbundenheit zu grün-weissen Vereinen in mir. Diese beginnt in St. Gallen und führt über St. Etienne nach Wien und Avellino. So drücke ich denn auch heute Abend dem Heimteam die Daumen, wenn die «Königlichen» auf den Rasen des umgebauten Stadions in Sevilla treten.
Bis es zum Hauptspiel unserer Spanienreise kommen sollte, blieb genügend Zeit für einen Stadtrundgang. Bisher hat mich von der Innenstadt her nur Rom bei der ersten Begegnung derart umgehauen. Vor allem der «Plaza de Espana» ist in seiner Grösse und Schönheit kaum zu überbieten. Doch auch das Quartier «Santa Cruz» versetzte Adrian und mich in die farbigen Gassen einer kubanischen Küstenstadt. Der Reisezeitraum entpuppte sich mit seinem wärmenden Sonnenschein und den gemässigten Touristenmassen als ideal. Wer weiss, vielleicht geht es im nächsten Februar wieder auf die iberische Halbinsel.
Die Heimat von Real Betis Balompié findet sich im Süden der Stadt und ist wie der Klub selbst in den Farben Andalusiens gehalten. Trotz kleinerem Palmarès überbietet die imposante Schüssel diejenige des Stadtrivalen um mehr als zehntausend Plätze. Seine Anhänger findet Betis – der letzte Buchstabe ist stumm – in der Arbeiterschaft des Quartiers Heliopolis, während Sevilla rund um das Geschäftsviertel Nervion erhöhte Präsenz markiert. Bei den heutigen Kartenpreisen ist das Arbeitertum definitiv nicht vertreten und auch der Durchschnittsspanier dürfte sich diese Tickets kaum leisten können.
Zum Einlauf der Mannschaften präsentieren die Zuschauer eine Schalparade, während der aktive Kern mit einer kleinen Choreografie und dem Text «Tretet auf diesen Rasen, verteidiget dieses Trikot – Der Traum von jedem, der dafür sterben würde» die Marschrichtung vorgab. Im Gästeblock findet sich hingegen wie erwartet keine Spur von Ultras Sur und Konsorten. Mit 53’486 Zuschauern ist das nach einem ehemaligen Präsidenten benannte Stadion bis auf den Bereich der Madrilenen ausverkauft. Zurecht, spielt Betis doch bis anhin eine äusserst ansprechende Saison.
Auch heuer starten die Hausherren besser in die Partie, lassen vor dem Tor aber die Kaltschnäuzigkeit vermissen. Damit bewahrheitet sich die alte Leier, als Youngster Asensio einen Abpraller zur Führung der Zidane-Elf einköpfte. Wer nun – wie auch ich – dachte, dass der Gastgeber einbrechen würde, sah sich getäuscht. Mit ansprechender Unterstützung im Rücken drehten sie das Spiel. Das letzte Tor vor der Pause gehört allerdings wieder den Hauptstädter, sodass es mit Gleichstand und Beifall in die Kabinen geht. Im zweiten Abschnitt zeigt Real Madrid schliesslich was eine Spitzenmannschaft ausmacht und zieht davon. Damit ist neben dem Spielwitz der Béticos auch die Stimmung eingefallen, die erst mit dem späten Anschlusstor wieder aufflammt. Doch Routinier Karim Benzema trifft in der Nachspielzeit zum 3:5 und macht damit auch die kühnsten Hoffnungen auf einen Punktgewinn der Grün-Weissen zunichte.
Aus sportlicher Sicht war es eines der besten Spiele, das ich bisher erlebt habe – torreich, packend und mit Cristiano Ronaldo als Torschütze. Das Verkehrschaos nach Abpfiff liess uns kalt, da unser Hotel in Fussnähe lag.