«Im Winter ist der Schnee ein Problem, im Frühling und Herbst liegt Schlamm auf den Strassen und im Sommer sind die Busse meist defekt», resümiert der Reiseführer desillusioniert die öffentliche Verkehrslage in Hunedoara. Ganz so prekär präsentiert sich diese in der Realität dann aber nicht, und mit der Burg besitzt Eisenmarkt, wie die Stadt aufgrund ihres einstigen Eisenwerks auf Deutsch heisst, gar eine der zentralen Sehenswürdigkeiten der Region Siebenbürgen. Obschon Fürst Vlad III., das historische Vorbild Draculas, nie Besitzer des imposanten Schlosses der Corviner war, nutzt die städtische Standortförderung die Legende um den «Blutgrafen», um Touristen aus dem Ausland anzulocken.

Der Fussball in Hunedoara besitzt nämlich seit geraumer Zeit keine internationale Anziehungskraft mehr. Der letzte – und einzige – Auftritt auf europäischer Bühne rührt aus der Saison 1982/83, als der FC Corvinul im Uefa-Pokal erst den Grazer AK und dann den FK Sarajevo empfing. In den Folgejahren erlebte der Klub aus Eisenmarkt einen schleichenden Niedergang, der 2004 mit der Insolvenz sein unrühmliches Ende fand. Fast zwei Jahrzehnte lang sollten sich fortan verschiedene Klubs um das Erbe des FC Corvinul streiten – eine Situation, die erst 2022, mitunter dank einer Kampagne der Ultras zum Rückkauf der Markenrechte, mit einem Kompromiss endete. In der Saison 2022/23 gelang dem neu gegründeten und in die dritte Liga integrierten «CS Corvinul 1921 Hunedoara» sogleich der Aufstieg. Auch in der zweiten Liga Rumäniens agiert der Klub bisher äusserst erfolgreich. Mit einem 4:0 gegen Unirea Dej verteidigt er den zweiten Platz in der Tabelle weiter souverän.

Dies entspricht dem Gusto der 1350 Zuschauer und besonders der unermüdlichen «Peluza Nord», die im Süden des Stadions steht und eine Freundschaft zu Fans von UTA Arad pflegt. Ihre Vereinsliebe bringen die Anhänger rund um die Gruppen «Distrikt Ultra’» und «Ultras Korp» nicht nur akustisch, sondern auch in Form zahlreicher Graffitis und Murals bis über die Stadtgrenzen hinaus zum Ausdruck.

Mit dem sportlichen Höhenflug scheinen auch die seit 2017 angekündigten Pläne für ein neues Stadion wieder konkreter zu werden. Denn Hunedoaras Lokalpolitiker träumen gross: Eine Machbarkeitsstudie der städtischen Behörden zeigt ein modernes Stadion mit zwei Rängen und über zehntausend Sitzplätzen, das auch für Spiele auf dem internationalen Parkett geeignet sein soll. Derzeit bremst jedoch ein Gerichtsstreit hinsichtlich der Bauauflagen die Umsetzung des Projekts, was im Sommer gar die Aussetzung der öffentlichen Ausschreibung zur Folge hatte.

So ist es realistisch, dass Corvinul doch noch länger im seit 1960 bestehenden Stadion beheimatet sein wird. Dieses trägt den Namen des ehemaligen Corvinul-Verteidiger Michael «Mișa» Klein, der über 300 Spiele für den Klub absolvierte und 90 Mal für das rumänische Nationalteam auflief. 1993 verstarb Klein im Training bei seinem damaligen Klub Bayer Uerdingen an einem Herzversagen. Bei der Umbenennung der Spielstätte merkte Eugen Evu, ein Schriftsteller aus Hunedoara, an: «Mișa kehrt in eine Stadt zurück, in der die Hochöfen erloschen sind, nicht aber die Flamme.»