Stromleitungen hängen über die von Schlaglöchern gezeichnete Strasse. Auf der einen Seite liegt das überwucherte Bahntrassee, auf der anderen Häuser mit unverputzten Aussenwänden. Bei gutem Wetter hätte man wohl durchaus eine schöne Aussicht gegen die Berge hin. Heute ist jedoch alles grau, ein triefender Herbsttag, die Wolken erdrückend, es regnet Bindfäden und ist kalt.
Vielleicht inszeniert die Witterung Anfang November Petrosani als besonders trostlos. Gewiss versprüht die Stadt im Jiu-Tal am gleichnamigen Fluss in den Karpaten an einem warmen Sommertag einen ganz anderen Charme. Und doch ist die Szenerie symptomatisch für den Ort, der einst das Zentrum eines Bergbaureviers und Mittelpunkt der rumänischen Kohleförderung darstellte.
Von den Zechen aus der kommunistischen Zeit existiert heute nur noch jede vierte, die regionale Wirtschaft ist unter Kosten- und Klimadruck zusammengebrochen. Strukturwandel sowie fehlende Perspektiven führten zu Massenarbeitslosigkeit und massiver Abwanderung und machten aus der Industrieregion ein Notstandsgebiet. Jene Arbeiter, die geblieben sind, sterben früh an Staublungen. Von den versprochenen Subventionen aus der EU-Kommission rund um den europäischen «Green Deal» fehlt in der Gegend bisher jede Spur.
An bessere Tage erinnert in der Bergbaustadt auch das überdimensionierte «Stadionul Petre Libardi», dessen nasse Sitzschalen von den 150 Zuschauern grösstenteils gemieden werden. Der Stehplatzsektor hinter dem Tor bleibt verwaist. Vorbei sind in Petrosani die Zeiten von Fangruppen wie den «Black and White Miners» oder «Noi Din Vale», die eine Freundschaft zu Anhängern von Universitatea Cluj und eine Feindschaft nach Hunedoara pflegten. Auf dem tiefen Geläuf gibt es viel Geschrei und kaum Spektakel; zum Schluss steht für Jiul ein 4:1 gegen Turceni zu Buche. Jubel für die Herren in Schwarz-Weiss – eine farbliche Hommage an kohleverdreckte Untertagearbeiter.