Bereits wenige Augenblicke nachdem ich das belebte Pub an der Waterloo Street betreten hatte, musste ich mir eingestehen: Hier mit dem geplanten einen Pint den Tag zu besiegeln, dürfte inmitten feiernder Celtic-Fans schwierig werden. Prompt bescherte mir mein verdutzter Blick erst die Aufmerksamkeit und später auch die ausschweifende Gastfreundschaft eines grün-weissen Trios, das mich siegestrunken darüber aufklärte, warum ausgerechnet in Derry ein Celtic-Triumph im «Old Firm» derart frenetisch bejubelt wird.

Grundlage sämtlicher Ausführungen ihrerseits bot der Nordirlandkonflikt sowie die spezielle Rolle der Grenzstadt Derry (von britischstämmigen Einwohnern auch Londonderry genannt) in diesem Glaubensstreit. Schliesslich war es in den 1960er-Jahren ein Protestmarsch in Derry gewesen, nach dessen gewaltsamer Auflösung sich das Verhältnis zwischen republikanischen Katholiken (der Republik Irland zugetan) und protestantischen Unionisten (dem Vereinigten Königreich zugetan) in ganz Nordirland und in der Stadt immer weiter zuspitze. Mittendrin: Derry City. Mit dem Brandywell-Stadion lag die Heimat des Klubs im Quartier Bogside, dem umkämpftesten aller Gebiete.

Schriftzüge wie «You are now entering Free Derry» und Malereien zum «Bloody Sunday», dem verhängnisvollen Sonntag Ende Januar 1972, an dem 13 Zivilisten ihr Leben bei einem Massaker durch die britische Fallschirmjäger liessen, zeigen eindrücklich, mit welcher Überzeugung und Brutalität der Identitätskampf zur damaligen Zeit geführt wurde.

Der irisch geprägte Klub zog sich daraufhin aus der Liga zurück, auch weil der nordirische Verband ihn für seine Heimspiele ins «Feindgebiet» nach Coleraine verbannt hatte. Erst Mitte der 80er-Jahre kehrte der Profifussball in die 85’000-Einwohner-Stadt zurück, deren Team seither in der irischen Liga erfolgreich um Trophäen kämpft und sich Cupsieger und Meister beider Länder nennen darf.

Exakt 25 Jahre nach dem friedensstiftenden Karfreitagsabkommen ist im Südwesten Derrys selbst an Spieltagen Ruhe eingekehrt. Einzig ein Penaltypfiff sorgt ein Vierteljahrhundert später für erhitzte Gemüter beim Gros der 3600 Zuschauer, der den Bohemians Dublin den Auswärtssieg und Derry City eine ärgerliche 0:1-Niederlage im Kampf um die Tabellenspitze beschert.