Der einfachste Weg nach Europa führt im Ligafussball über Andorra. Diese persönliche und nicht vollumfänglich stichfeste These basiert auf dem Vergleich der internationalen sportlichen Wettbewerbsfähigkeit und der prozentualen Anzahl europäischer Startplätze. Hierbei weist Andorra als Drittletzter der Uefa-Fünfjahreswertung mit seiner 8er-Liga den gleichen Quotienten (0.25) wie etwa die französische Ligue 1 auf.
Zumindest in diesem Jahr verpasst Penya Encarnada (fleischgewordener Fels) diese 25-Prozent-Chance auf den Meister- oder Vizemeistertitel aber deutlich, der zur Teilnahme an der Vorrunde der CL-Qualifikation oder der 1. ECL-Qualirunde berechtigt hätte. Als frisch aufgestiegene Fahrstuhlmannschaft dürfte der portugiesisch geprägte Hauptstadtklub mit dem Ligaerhalt aber zufrieden sein.
Schauplatz des Duells mit Santa Coloma ist das nationale Trainingszentrum mit zwei Kunstrasenplätzen sowie einer dazwischenliegenden Tribüne, die auf beiden Seiten unterschiedlich stark ausgebaut ist. Auf der Seite des Hauptplatzes sehen 75 Zuschauer einen verdienten 4:1-Heimsieg, wobei die Bezeichnung «Heimteam» nur bedingt seine Richtigkeit hat: Die Anlage wird von allen Teams der ersten beiden Spielklassen bespielt und liegt zudem nur einen Steinwurf von der Ortschaft Santa Coloma entfernt.
Die nominellen Gäste stellten einst die Zweitvertretung des Serienmeisters FC Santa Coloma dar, änderten 2008 ihren Namenszusatz aber in UE, um als eigenes Team in der höchsten Liga startberechtigt zu sein. Seither erreichten sie acht Mal die erste Qualifikationsrunde für den Europapokal und scheiterten stets deutlich. Den prominentesten Gegner verkörperte Twente Enschede in der Saison 2012/13, als die Andorraner mit dem Gesamtskore von 0:9 klar den Kürzeren zogen.
Auf mich hat Andorra – und damit primär die Hauptstadt Andorra la Vella auf über tausend Höhenmetern – wie eine Mischung aus Samnaun und Vaduz gewirkt: ein modernes, steuerfreundliches und zollfreies Winterferienziel mit bergiger Landschaft, das kein eigenes Militär besitzt und dessen einziges Profiteam im ausländischen Ligasystem angesiedelt ist.
Nichtsdestotrotz versprüht der Zwergstaat in den östlichen Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien auch seinen Charme: Dann nämlich, wenn man sich auf den Höhenrundweg (Rec del Sola) rund um die Hauptstadt begibt, der den Platzmangel im kleinen Fürstentum und die daraus resultierenden Gärten an den Talhängen eindrücklich offenbart.