Für den Mäzen Franz Grad ist es im Mai 1997 die optimale Gelegenheit, um aus der Not eine Tugend zu machen: Durch die Fusion seines FC Linz mit dem Linzer ASK zum «LASK Linz» korrigiert der Speditionsunternehmer nicht nur die finanzielle Schieflange zweier Klubs, sondern ebnet zeitgleich den Weg für eine neue Fussball-Grossmacht in der Stahlstadt. Allerdings nur vermeintlich: Der FC Linz wird vom Erzrivalen fast vollständig geschluckt, übrig bleibt nebst viel Hohn aus dem schwarz-weissen Fanlager einzig das Bundesleistungszentrum des FCL sowie eine verärgerte Anhängerschaft.

Noch Mitte der 1970er-Jahre hatte sich der FC Linz als Verein der Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke (VÖEST) unter dem Namen SK VÖEST Linz im Europapokal der Landesmeister mit dem FC Barcelona duelliert. Auf die sportliche Hausse folgte der schleichende wirtschaftliche Niedergang, der auf die immer geringer ausfallende finanzielle Unterstützung seitens der in die Krise gerutschten VÖEST zurückzuführen ist. Ein Schicksal, das kurz vor der Jahrtausendwende auch dem traditionsreichen SV Austria Tabak widerfährt. So rufen am 1. August 1997 drei Fans des FC Linz gemeinsam mit dem angeschlagenen Werksverein der Linzer Tabakwerke den FC Blau-Weiss Linz ins Leben. Das «Joint Venture» oder die «Notgeburt» – wie sich der Klub mittlerweile selbst bezeichnet – startet mühselig in der Viertklassigkeit und verbringt zuletzt sieben Jahre im österreichischen Unterhaus, ehe der blau-weisse Phönix dank des dramatischen Last-Minute-Aufstiegs im vergangenen Sommer endgültig aus dem «Stahlbad» in die Bundesliga emporsteigt.

Unterstützt von Fans der Stuttgarter Kickers sowie vereinzelten Rapidlern lanciert der blau-weisse Mob den geschichtsträchtigen Spieltag symbolisch an der Tabakfabrik. Ein gelungener «Steel Nr. 1» Spruchband-Konter in Bezug auf die damit geleakte Choreografie der Gäste sowie eine zweiteilige Aktion in Anlehnung an die Filmreihe Star Wars – anlässlich der nach der Pause gar Ausserirdische auf dem Dach des Möbelhauses landen – lassen dem Heimanhang zwar keinen perfekten, aber doch authentischen Auftritt attestieren. Auf der Gegenseite demonstrieren die in Schwarz gekleideten LASK-Fans zwar optisch eine Einheit, vermögen nebst der angesprochenen Choreografie aber kaum zu überzeugen.

Auch auf dem Rasen behalten die Blau-Weissen im ersten Stadtderby auf höchster Stufe die Oberhand. Beim 2:0 bescheren Altmeister Ronivaldo sowie ein Sonntagsschuss von Stefan Feiertag dem Gros der 5’595 Zuschauern den lang ersehnten Freudentag. Passend dazu erklingen nach dem Schlusspfiff Udo Jürgens’ Worte aus «Immer wieder geht die Sonne auf» im Donauparkstadion: «Wenn das Schicksal uns etwas nimmt, vertraue der Zeit.»