Hätte der Hallenser Barockkomponist Georg Friedrich Händel sein Oratorium «Messias» doch nur 282 Jahre später komponiert! So muss Stürmer Dominic Baumann einspringen, der zwar einen leicht untersetzten und dicklichen Messias abgibt, mit seinem Torriecher aber am ehesten noch die Rolle des Heilsbringers beim Tabellenvorletzten verkörpert. Diesen brauchen sie in der Stadt an der Saale mehr denn je, soll die Drittliga-Saison nicht in einer bösen Überraschung oder – um im musikalischen Kontext zu bleiben – in einem Requiem enden.

Nicht minder überrascht war ich, als der Anhang aus Halle beim Gastspiel in Essen im Januar dem wohl bekanntesten Sohn der Stadt eine grosse Choreografie widmete, wirkte die Unterstützung der Rot-Weissen auf mich doch stets «typisch ostdeutsch». Anders gesagt: Beinharte Kerle, simple Trommelrhythmen und Anfeuerungsrufe wie «Erfurt Halle – nur Kaputte» hätten Händels frommes Publikum wohl ziemlich irritiert. Auch der Begriff «Chemie» fällt immer wieder in den Supportbemühungen der HFC-Fankurve und erinnert an den Zusatz, den der Klub seit seiner Ausgliederung 1966 bis zur deutschen Wiedervereinigung aufgrund der regionalen Chemieindustrie im Namen trug.

Verschwunden ist bis auf die denkmalgeschützte Aussenmauer und die Torbögen auch das Kurt-Wabbel-Stadion. Der seit 2011 existierende Neubau ist für das Duell gegen Jahn Regensburg aufgrund der sportlichen Baisse der Gastgeber mit 5867 Zuschauern nur spärlich gefüllt. Die «Saalefront» sowie deren Jugend-Ableger (Sektion 19), die zweite Ultrà-Gruppe mit dem Namen «Surreale» und einige befreundete Anhänger aus Erfurt und Leipzig werten das Stadionerlebnis zumindest akustisch auf.

Beim 1:2 gegen formstarke Regensburger haben sie einmal mehr wenig zu feiern, obschon der erwähnte HFC-Messias Baumann seine Treffsicherheit auch gegen den Jahn unter Beweis stellt. Sein Führungstor kontern die Gäste mit einem Doppelschlag tief in der zweiten Halbzeit. Besonders der Distanzschuss zum Ausgleich verdient dabei das Prädikat «weltklasse». Oder wie Händel schlicht gesagt hätte: «Halleluja!»