Ist die Rede von «grossen Sportvereinen», denken die wenigsten Menschen an Wacker Burghausen. Dabei umfasst der 1930 für die Arbeiter des gleichnamigen Chemiekonzerns gegründete Klub rund 25 Abteilungen, darunter etwa Amateurfunk, Cricket, Fechten oder Segeln. Die grösste Bekanntheit erlangten die Fussballer Wackers, die 2002 den Aufstieg in die 2. Bundesliga realisierten. Trotz des sportlichen Erfolgs fiel die finanzielle Unterstützung seitens der Unternehmerfamilie Wacker in der Vereinsgeschichte nie derart ins Gewicht.

Prompt stiegen Wackers Fussballer 2007 aus der 2. Bundesliga ab und mussten sieben Jahre später gar den Gang in die viertklassige Regionalliga antreten, in der Burghausen seither spielt. Auf die Abstiege hat der Klub mit einer Reamateurisierung der Fussballabteilung reagiert und so wird in Oberbayern vor der neuen Spielzeit auch nicht von der Rückkehr in den Profifussball, sondern von der DFB-Pokal-Qualifikation als primärem Saisonziel gesprochen.

Bevor in der Neustadt im Norden, wo Industrie und Gewerbe angesiedelt sind, der Auftakt zur Regionalliga-Saison 2023/24 erfolgt, lohnt sich ein Besuch der Altstadt am Fusse des Burghügels. Mit über einem Kilometer gilt die sich auf dem langgezogenen Bergrücken erstreckende Anlage aus Travertin als längste Burg der Welt und diente den bayerischen Herrschern im Mittelalter einst als Nebenresidenz. Besonders ein Blick von der anderen Uferseite der Salzach, die hier die Grenze zu Österreich bildet, entpuppt sich als sehenswert.

In der Wacker-Arena empfangen uns nebst 2040 Zuschauern Regenschauer und rot-weisse Rauchschwaden. Für letztere sind die rund 300 Anhänger der Münchner Amateure verantwortlich, die wie ihr Konterpart während des ganzen Spiels für ansprechende Stimmung sorgen. Auch nach dem Schlusspfiff ebbt diese auf beiden Seiten nicht ab, schliesslich dürfen die Bayern beim 3:3 den späten Ausgleich bejubeln, während für die Heimfans in der Westkurve der vermeintlich missglückte Saisonstart nach einem 0:2-Rückstand mit einem Punktgewinn versöhnlich endet.

Trotz überschaubarer Grösse besteht dort mit «Die Fanaten» bereits seit 1977 ein Fanklub und auch die Grupo Somosa (2002) blickt auf über zwei Jahrzehnte Ultrà-Dasein zurück. Nicht mehr optisch in Erscheinung treten hingegen die 2003 gegründeten Ultras Black Side. Der sportlich als auch fantechnisch attraktive Gegner liess mich dennoch leise hoffen, die Gruppe, welche weiterhin Kontakte zu «The Unity» von Borussia Dortmund pflegt, würde die Feierlichkeiten rund um ihr 20-jähriges Bestehen auf das Heimspiel zum Saisonauftakt legen. Das Jubiläum scheint tatsächlich geplant – allerdings bei einem Auswärtsspiel. Aufatmen bei der Polizei und enttäuschtes Seufzen bei der Lokalpresse, nachdem die Jungs den Burgfrieden in der Kleinstadt bereits einmal gehörig strapaziert hatten.