Bologna FC – AS Avellino

Wenn die Italiener etwas mit besonders viel Herzblut machen, dann ist die Küche oder das Stadion meist nicht weit. Letzteres verlor durch die Einführung der Tessera del Tifosi (Fankarte) leider einen Grossteil ihres Glanzes. Und so gibt es auf dem Stiefel nur noch in Ausnahmefällen die Art von Stadionerlebnis, für die ich die älteren Semester aus der St. Galler Fankurve derart beneide.

Meist finden sich diese stimmungsvollen Partien erst nach dem regulären Saisonende in den Play-Offs. In diesem Jahr bot sich mir die Möglichkeit, eines dieser Spiele um den Aufstieg vor Ort mitzuerleben. Die Reise nach Bologna sollte ich erst am Dienstag antreten, dennoch stand die Woche bereits zum Auftakt im Zeichen des Fussballs. Die firmeninterne Schweizermeisterschaft eröffnete mir die – wohl einmalige – Möglichkeit im Nationalstadion in Bern dem Ball nachzueifern. Schon speziell, einmal als Protagonist eine andere Sicht zu geniessen. Bis zum vorletzten Gruppenspiel lief alles wie am Schnürchen und ich konnte mich sogar mehrfach in die Torschützenliste eintragen. Im Viertelfinal kam es dann zu einem Luftduell, bei dessen Landung mein Knie nach innen knickt. Knack! Immerhin habe ich es jetzt auch einmal erlebt, per Krankenwagen unter Applaus der Anwesenden aus einem Stadion gefahren zu werden. Eigentlich hätte ich auf das ganze Spektakel gerne verzichtet, schliesslich stand nun der Ausflug nach Bologna auf der Kippe. Nachdem ich aber noch am selben Abend mit Verdacht auf eine Prellung aus dem Spital entlassen wurde, entschied ich mich die Reise doch anzutreten.

Doch am nächsten Morgen lief erst einmal gar nichts. Pochender Schmerz und ein Bein, dass sich nicht biegen lässt. Wegen der anhaltenden Schmerz und der fehlenden Mobilität entschied ich mich darum für das einzig Richtige: ab nach Bologna! So sass ich wenig später mit hochgelagertem Bein neben einem erzkonservativen Walliser im EuroCity nach Milano. Dieser sah in allem Fremden eine Bedrohung für unser kleines Land. Glücklicherweise verging die Fahrt schnell und auch das Bein machte mit, sodass der Zug pünktlich in Milano einfuhr. Dort blieb mir genügend Zeit um den Zug nach Bologna zu besteigen, das ich exakt fünf Stunden nach Abfahrt in Lausanne erreichte.

Erste Handlung hier war der Kauf von Krücken und ein anschliessender Stadtrundgang, dem die Hitze keinen positiven Beitrag dazu beisteuerte. Im Anschluss brauchte mein Knie eine Pause und ich verbrachte den Rest des Nachmittags in einem Bistro in der Altstadt, ehe ich den bestieg, der mich zum Stadion brachte. Bereits von aussen ist dieses sehenswert und dank meiner körperlichen Einschränkung genoss ich Sonderprivilegien und fand mich trotz langer Schlangen alsbald im Stadioninnern wieder. Schön, wie hier der Charme und die Architektur erhalten bleiben.

Nachdem ich meinen Platz auf der Gegentribüne eingenommen hatte, ging ich nochmals die Ausgangslage durch. Das Hinspiel hatte Bologna überraschend mit 1:0 gewonnen und konnte das Rückspiel damit beruhigt angehen. Gespannt, ob sich die Einheimischen auf dem Vorsprung ausruhen werden, gab es postwendend die Antwort. Die Wölfe aus Avellino gingen nach wenigen Minuten direkt vor dem ausverkauften Gästesektor in Führung. Eine Stadt mit rund 50‘000 Einwohnern, die derart viele Tifosi nach Bologna bringt – ich ziehe meinen Hut. Nun war Bologna plötzlich wach und begann ebenfalls Fussball zu spielen. Gegen Mitte der ersten Hälfte folgte der Ausgleich, wonach sich grosse Teile der 20‘104 Zuschauer in den Armen lagen. Kurz vor dem Pausenpfiff folgte der neuerliche Schock für die Bologna-Tifosi, die den zweiten Treffer der Gäste verkraften mussten.

Bologna musste nun nochmals nachlegen, um im Finale um den dritten Aufstiegsplatz in die Serie A dabei zu sein. Der zweite Treffer Bolognas kam prompt, wenn auch unter gütiger Mithilfe des Avellino-Goalies. Statt den Ball nach einem Rückpass nach vorne zu dreschen, passt er ihn halbhoch zum Bologna-Stürmer, der mit einem sehenswerten Lob das 2:2 erzielte. Damit war Avellino wieder unter Zugzwang. Und tatsächlich gelang den Gästen der dritte Treffer knapp zehn Minuten vor Schluss. Durch das 2:3 wäre damit wieder Avellino qualifiziert, dachte ich zumindest!

Es folgte eine wortwörtlich hitzige Schlussphasen mit nicht weniger als acht gelben Karten in den letzten 13 Spielminuten. Weiterhin drückten die Gäste – sehr zu meiner Verwunderung – auf das Tor von Bologna. In der 95. Minute folgte ein letzter Angriff der Sportvereinigung, ihr Stürmer setzte den Ball aber nur an die Latte. Kurz darauf war Schluss und alle Bologna-Anhänger sprangen von ihren Stühlen auf, während die Gäste bedient auf dem Rasen lagen. Wie ist das möglich, fragte ich mich. Avellino hatte mit einem Tor Differenz gewonnen und zudem mehr Auswärtstore erzielt? Grund ist eine Regel in Italien, nach der bei Gleichstand nicht die Auswärtsregel, sondern die Tabelle beigezogen wird. Da hier Bologna nach der Meisterschaft vor Avellino lag, qualifizieren sie sich für das Finale.

Während die Gästefans fast vollkommen auf Pyrotechnik verzichteten, zeigte die heimische „Curva Bulgarelli“ Rauch in den Landesfarben und ein gelungenes Intro. Über das Spiel verteilt gab es hier immer wieder derart laute Böller, dass selbst die Zuschauer auf der Gegentribüne die Druckwelle spürten. Der Support war heute von beiden Kurven gut bis sehr gut, wobei ich den rund 3000 Gästen noch etwas bessere Noten ausstellen muss, da sie trotz zweimaliger Führung, nicht wie von mir vermutet, zu keinem Zeitpunkt für die Finalrunde qualifiziert waren.

Nach diesem Herzschlagfinale erwartete ich italienische Strassenverhältnisse, war aber bereits wenig spter wieder im Hotel, wo ich dem Knie Entspannung gönnte. Der Rückflug am nächsten Mittag vom lokalen Flughafen verlief problemlos und am frühen Nachmittag erreichte ich wieder meine Wohnung. In der Woche darauf kehrte Bologna ins Oberhaus zurück, während sich meine Prellung als Fehldiagnose herausstellte und ich damit vor einem Sommer ohne Fussball stand…

Randnotiz: Zum Kader Avellinos zählt auch Stürmer Angelo d’Angelo, was eine Überarbeitung der Rangliste „unglücklichster Spielernamen“ mit sich führt. Platz zwei besetzt neu also der Italiener hinter Rennes-Stürmer Habib Habibou.


FC Köniz - FC Breitenrain

Die enttäuschende Niederlage vom Vortag war trotz grösster Bemühungen noch immer im Hinterkopf präsent, als ich mich in den Morgenstunden mit zwei Kollegen nach Bern aufmachte. Mitfahrer Flavio war gestern ebenfalls in Basel und dementsprechend gleich (wenig) fit wie ich. Aber für ein Stadtderby zum Saisonabschluss, das zeitgleich auch den Spitzenkampf darstellt, machen wir gerne eine Ausnahme. In Bern angekommen, schlenderten wir durch die Altstadt und genossen bei angenehmen Temperaturen das Flanieren in einem der zahlreichen Cafes. YB-Goalie Wölfli und zwei seiner Teamkollegen taten es uns gleich und wurden beim lässigen Ausspannen ertappt.

Gegen halb vier machten wir uns auf nach Köniz, wo der dort beheimatete Fussballclub seine Heimspiele auf dem Sportplatz Liebefeld austrägt. Dieser ist per Tram und einem Fussmarsch durch ein Quartier und ein Waldstück zu erreichen. Für fünf Franken gewährten uns die Verantwortlichen Einlass gewährt und unser Trio verdrückte sich sogleich auf die Gegengerade. Dort lief ich dem St. Galler Fanarbeiter Thomas in die Arme, wobei wir beide sichtlich überrascht über des anderen Präsenz waren.

Nach einem kurzen Schwatz inklusive Erklärung (er hat Bekannte hier, bei uns zählt der Ground) widmeten wir uns dem Spiel, das für die dritte Liga annehmbar daherkam. Insgesamt machte Köniz gegen den Rivalen aus dem Quartier Breitenrain den standhafteren Eindruck und sicherte sich mittels 3:1-Sieg die Vizemeisterschaft vor 520 Zuschauern. Der FC Breitenrain, heute sogar von einigen Fans unterstützt, komplettiert zum Saisonabschluss das Podium.

Ligakrösus dieser Spielzeit war der zwangsrelegierte Traditionsverein aus Neuenburg, der sich für die neue Saison wieder zurück in den Profifussball bugsierte. Am anderen Ende der Tabellen mussten heute – wie von mir prophezeit – die Clubs aus Delémont und Locarno den bitteren Gang in den regionalen Fussball antreten. Damit ruhen die nationalen Ligen bis anfangs August, ehe ich wieder aufbrechen werde, um den beiden letzten fehlenden Stadien der höchsten drei Schweizer Spielklassen einen Besuch abzustatten.


FC Basel - FC St. Gallen

Saisonabschluss auswärts in Basel. Die Arbeit früher als üblich beendet, erreichte ich per Zug und Tram das Basler „Joggeli“, wo ich auf die Einfahrt des Extrazugs aus St Gallen wartete. Schnell verstaute ich nach dessen Ankunft meine Habseligkeiten an gewohnter Stelle im Abteil, ehe mein Namen schon aus allen Richtungen gerufen kam. Dazu gab es die üblichen Kommentare mit ironischem Unterton, was ich mir denn wieder für Spiele unter der Woche angetan habe.

Die Crew war also auch nicht weit und wenige Zeit später fanden wir uns einmal mehr im Basler Stadioninnern ein, wo ein jeder Gästefan mit dem Catering-Angebot haderte. Gar nicht meisterlich!

Die Hundert-Euro-Frage: Was bietet man im Basler St. Jakob Park nicht an?

A: Pommes Frites                 B: Alkoholfreien Punsch

Und wie mir im Ende Mai nach warmem Punsch gelüstet! Daher informierte ich die Herren, die übrigens mit Trikots des Basler Konkurrenten Concordia ausgestattet waren, über das „absolut skandalöse“ Essensangebot und orderte zum Start des Wochenendes sogleich ein Bier. „Feldkötzchen“ aber was solls – immerhin nicht warm.

Die sportliche Ausgangslage an diesem Freitagabend ist schnell erklärt. Sollte der FC St. Gallen in Basel punkten, wäre er im Fall eines Basler Cupsieges auf europäischer Bühne vertreten. Auch bei einer heutigen Niederlage müsste Luzern noch gegen den anderen Cupfinalisten Sion gewinnen. Die Ausgangslage war damit mehr als gut, wenn man bedenkt, welch unterirdische Rückrunde die Grün-Weissen gezeigt haben. Ich will niemanden mit grauenhaften Statistiken belästigen, darum belasse ich es bei drei (selbstredenden) Fakten:

Die St. Galler haben am meisten Gegentore der Liga bekommen und gegen Aufsteiger Vaduz betrug die Ausbeute in vier Spielen zwei mickrige Punkte. Damit haben sie den Abstiegskampf entscheidend mitbeeinflusst. Zum Schluss folgt die bitterste Tatsache: Der FC Luzern, der zur Winterpause noch auf dem letzten Platz gestanden hätte, könnte den FCSG heute mit einem Heimsieg noch überholen. Wie die Spieler verdrängten aber auch die Fans diese Statistiken zumindest für 90 Minuten. Der Support war dann auch ganz in Ordnung, mit Ausreissern in beide Richtungen.

Auf der Heimseite folgte zum Einlauf der Mannschaften die gewohnte Meisterchoreo, wobei die 33‘403 Zuschauer ausserdem noch Marco Streller mit einem Feuerregen bei seiner Auswechslung mehr als würdig in den Ruhestand verabschiedeten. Nach dem Intro war die Muttenzerkurve so gekleidet, dass sich aus den ganzen T-Shirts das weinende Konterfei des Basler Oldies bildete, wobei seine Nase zudem das Kantonswappen formte.

Mit dem Rücktritt von Streller war schnell klar, wer heute das Geschenk der grün-weissen Verteidigung in Empfang nehmen darf. Und so war zumindest ich wenig verwundert, als Marco Streller in der 17. Minute einen grauenhaften Fehler der St. Galler Hintermannschaft in seinen 200. Ligatreffer umzumünzen wusste. Was dann folgte, war ein FCSG, wie man ihn seit langer Zeit nicht mehr gesehen hatte. Dank einem Kopfball und einem genialen Freistoss von Neuzugang Aleksic drehten die Ostschweizer tatsächlich die Partie und zur Pause zeigte alles in Richtung Europa – der Fahrplan stimmte. Eine erste Stellwerkstörung folgte in der 54. Minute, als Routinier Walter Samuel per Kopf auszugleichen wusste. Aber auch auf diesen neuerlichen Schock konnten die St. Galler in Person von Marco Aratore reagieren. Dieser traf per Schlenzer via Innenpfosten zur neuerlichen Führung. Mittlerweile führte der FC Luzern bereits mit 3:0 gegen die Walliser, was für uns bedeutete, hier unbedingt einen Punkt mitzunehmen, um die Chancen auf Europa zu wahren.

Doch in der 78. Minute nahm das Unheil mit dem Ausgleichstreffer von Ex-Thuner Luca Zuffi zum 3:3 seinen Lauf und was knapp zehn Minuten später und damit 180 Sekunden vor dem Saisonende folgte, war nur noch tragisch. Der eben erst eingewechselte Basler Albian Ajeti wusste einen erneuten Patzer der St. Galler Hintermannschaft zum 4:3-Endstand auszunutzen. Abgesehen von den beiden Abstiegen und der Halbfinalniederlage gegen Lausanne vor sechs Jahren war dies einer der bittersten Momente in meinem grün-weissen Fanleben. Es tut mir im Herzen weh, in die Kurve zu schauen und den traurigen Blick von so vielen mir bekannten Gesichtern ertragen zu müssen.

„Die Mannschaft wäre sowieso zu schwach für Europa gewesen“ vernahm ich im Anschluss. Klar, aber wen stört es, wenn er nach einer Niederlage gegen Apollon Limassol am Strand von Zypern liegt? Vor zwei Jahren hatten wir in Valencia auch fünf Tore eingeschenkt bekommen und keiner hatte sich daran gestört. Auf der Heimfahrt verarbeitete dann jeder Fan den bitteren Abend auf seine Weise. Und aus irgendeiner Musixbox vernahm ich die Phrase „but I was made for loving you“.


SC Burgdorf - HNK Zagreb Biel

Meine Heimreise und ein Spielbesuch im bernischen Burgdorf liessen sich gut unter einen Hut bringen und so tauchte ich nach kurzem Fussmarsch pünktlich um 15 Uhr an der Neumatt auf, wo mir für drei Franken Eintritt ins Stadion gewährt wird. Dieses verfügt über eine geräumige Holztribüne, die der Partie an diesem Pfingstmontag einen würdigen Rahmen verlieh. Zu Gast war der HNK Zagreb – aus Biel. So ist es nicht nur in der Schweiz weit verbreitet, dass hier ansässige Communities aus dem Balkan einen eigenen Verein gründen. Bestes Beispiel dafür ist der Tabellenführer in dieser Gruppe 5 der siebten Spielklasse: Prishtina Bern. Ein Zeichen dafür, dass hier vor allem Spieler mit kosovarischen Wurzeln zu Werke gehen.

Auch heute waren beim Gast, dessen Vereinsname sich dem von Dinamo Zagreb und HNK Hajduk Split zusammensetzt, ausschliesslich Kroaten im Einsatz, was den in meiner Nähe situierten Stadionsprecher und seinen Kumpel zu einer herzhaften Diskussion bezüglich Aussprache der Namen veranlasste.

Auf dem Spielfeld gaben die im Nationaltrikot auflaufenden Kroaten ein negatives Bild ab und spielten vor 150 Zuschauern ausserordentlich unfair und überhart. Dazu kam die Tatsache, dass sie bereits nach einer Viertelstunde im Hintertreffen lagen. In Abschnitt zwei drehten die Gäste den Rückstand dank dreier Toren in Unterzahl. Der SC Burgdorf trauerte dabei vor allem den vergebenen Chancen nach und haderte mit dem Schiedsrichter. Der Anschlusstreffer zum 2:3 in der Nachspielzeit kam zu spät und so feierten die Kroaten einen knappen Auswärtssieg. Direkt nach Schlusspfiff kam es noch zur Rudelbildung, der ein unschönes Foul vorausgegangen war. Nachdem der spanische Unterparteiische die hektische Partie schliesslich beendete, ging es für mich zu Fuss zum Bahnhof und zurück nach Lausanne.


Fortuna Düsseldorf - FSV Frankfurt

Die Lage bei der Fortuna Düsseldorf präsentiert sich beinahe deckungsgleich mit der in der Heimat beim grün-weissen Herzensclub. Denn auch hier hinkt der Traditionalist nach einer ansprechenden Hinrunde seinen Erwartungen weit hinterher und verärgert damit seine geduldigen Fans. Dass im letzten Spiel der Saison trotzdem noch so etwas wie Spannung aufkommt, verdankt man zwei der heutigen Protagonisten. Einer davon ist der Gast aus dem deutschen Finanzzentrum am Main. Denn nach zuletzt dürftigen Leistungen sehen sich die Jungs aus Bornheim unmittelbar mit dem Abstieg in die dritte Liga konfrontiert. Ein Sieg heute ist also von Vorteil, will man unabhängig von den Resultaten der anderen Partien am heutigen Tage bleiben. Bei den Gastgebern will man aber genau dies verhindern, um dem zweiten Protagonisten nach dem verpassten Aufstieg zumindest einen würdevollen Abgang zu bereiten. Nämlich Andreas „Lumpi“ Lambertz, der seinerseits über 300 Mal im Trikot der Fortunen spielte und in jeder der vier höchsten Spielklassen für sie auch mindestens einmal erfolgreich war. Einer der wichtigsten Treffer sicherlich derjenige im denkwürdigen Pokalspiel gegen den HSV. Das nenn ich mal „beinahe“ absolute Vereinstreue. Beinahe, weil Lambertz mit seinem Wechsel in die dritte Liga zur SG Dynamo Dresden wohl eine letzte neue Herausforderung suchen wird.

Auf der einen Seite also ein Abschied, auf der anderen Seite purer Überlebenskampf. Tönt eigentlich spannend, schade nur, dass durch die dürftigen Leistungen der Hausherren die Ultras im Moment streiken und jeglichen aktiven Support verweigern. Trotzdem ging es für uns am Sonntagmorgen frohen Mutes per Regionalbahn via Leverkusen gen Bundeshauptstadt hinzu. Wir schlenderten dem Rheinufer entlang und gönnten uns bei dem warmen Wetter noch den einen oder anderen Drink und dabei etwas Entspannung.

Anschliessend ging es in die nächste U-Bahn, die uns zum Stadion brachte. Wobei hier Messe, Einkaufszentrum, Baumarkt oder IKEA deutlich bessere Bezeichnungen dafür sind. Wirklich noch nie so ein schlechtes Stadionerlebnis gehabt. Die Hütte fussballuntypisch, unfreundliche Ordner und einen Innenraum wie eine Turnhalle mit Farbfehler. Die nervige und viel zu laute Soundanlage gibt einem dann noch den Rest.

Immerhin vermochte das flotte Spiel den fehlenden Support und den stadiontechnischen Reinfall zu entschädigen. Bereits nach gut zwanzig Minuten stand es nämlich 2:2, nachdem die Fortunen zweimal eine Führung der Gäste egalisieren konnten. Zum Schluss durften dann aber trotzdem die unter den 28’762 Zuschauer knapp fünfhundert mitgereisten Fans aus Frankfurt jubeln, da man im Abschnitt zwei noch zu einem dritten Treffer kam und so verdient mit 2:3 gewann. Damit also die Klasse gehalten, während der Heimanhang nach einem ernüchternden Saisonabschluss „Ausser Lumpi könnt ihr alle gehen“ skandiert.


Borussia Mönchengladbach – FC Augsburg (23.05.15)

Zu Pfingsten plante ich eine kleine Tour, da dank dem freien Montag die Möglichkeit bestand, auch am Sonntag ein Spiel zu besuchen. Um Wettbewerbsverzerrung in den letzten Runden zu verhindern, werden jene jeweils früh terminiert. Dies gab mir die Möglichkeit, bereits anfangs März ein konkretes Programm auf die Beine zu stellen. Entschieden hatte ich mich für Deutschland, genauer gesagt für Nordrhein-Westfalen. Hier bot sich neben einem Besuch bei Fortuna Düsseldorf auch die Möglichkeit an, die Augsburger im letzten Spiel auswärts in Gladbach zu unterstützen. Bereits damals war klar, dass Augsburg eine der besten Spielzeiten ihrer noch jungen Bundesliga-Geschichte spielt. Und so hatten die Fuggerstädter bereits vor dem Spiel in Gladbach einen Platz in Europa auf sicher, die Frage war einzig, ob sie sich direkt für die Gruppenphase qualifizieren oder noch in die Qualifikation mussten.

So war die Vorfreude gross, als ich mich auf den Weg zum Flughafen Zürich machte. Auf dem Weg traf ich noch auf einige St. Galler, die ebenfalls auf „Bundesliga-Tournee“ gingen. Vor dem Abflug schlossen Begleiter Sergio und ich noch Wetten bezüglich der Endtabelle ab, wobei im Nachhinein gesagt werden muss, dass Sergie das ganze Tabellenende mitsamt Absteiger auf den Rang genau voraus gesagt hatte. St. Galler Expertenrunde!

Eine knappe Stunde später landete die Maschine pünktlich in Köln, wo wir uns sich nach einem Zwischenstopp im Hotel sogleich wieder nach Mönchengladbach verabschiedete. Der Anpfiff sollte zwar erst um 15.30 Uhr erfolgen, vorher wollte wir aber noch Groundspotting betreiben, wenn wir schon einmal im Fussballmekka Deutschlands zu Gast sind.

Kurz vor der Mittagszeit trafen wir in Rheydt ein, dem Stadtteil von Mönchengladbach, der am nächsten beim Stadion liegt und dementsprechend von allen Fans angesteuert wird. Für uns ging es zuerst in Richtung Stadtzentrum, wo wir nach einer Viertelstunde vor den Toren des RSV-Stadions standen. Dieses fasst mit 20’000 Plätzen heute noch die Hälfte der ursprünglichen Kapazität, die weiterhin grösstenteils zu Lasten der imposanten Stehränge auf den drei Seiten geht. Die Anlage war wie befürchtet verschlossen, zumindest ich liess mich davon aber nicht abhalten und wenige Zeit später konnte ich meinem draussen gebliebenen Kumpanen dieses Panoramabild der wunderschönen Spielstätte unter die Nase reiben. Ganz toll die Anlage; vor allem die vor sich hin gammelnden Stehränge versprühen besonderes Flair!

Gegenüber liegt mit dem Grenzlandstadion eine weitere Spielstätte, die zwar nicht so pompös daherkommt aber in der kommenden Saison immerhin Schauplatz von Profifussball sein könnte. Dann nämlich, wenn sich die Zweitvertretung der Borussia in der Relegation gegen die Zweite von Werder Bremen durchsetzt. Der Vollständigkeit halber hier natürlich auch ein Bild dieser Spielstätte. Im Anschluss ging es zurück zum Bahnhof, wo wenig später der Sonderzug aus Süddeutschland einfuhr. Kaum in die heutzutage allgegenwärtigen Sonderbusse verfrachtet, ging es auch schon los in Richtung niederländische Grenze, wo der Neubau steht.

Auf beiden Seiten gab es als Intro eine Choreografie zu sehen, wobei jene auf Augsburger Seite von Rauch in den Vereinsfarben untermalt wurde. In der Nordkurve erstrahlte ein grosses Transparent mit einem Fahnenmeer. Allgemein hatten stimmungstechnisch beide Anhängerschaften schon schlechtere Auftritte, wobei neben einer lautstarken Heimkurve bei den Gästen vor allem nach dem genialen Spielverlauf der Lärmpegel im mit 54’010 Zuschauern ausverkauften Borussia-Park deutlich stieg. Aus dem Augsburger Kollektiv ist besonders Endloskämpfer Tobias Werner herauszuheben, Abdul Rahman Baba sowie Bayern-Leihgabe Pierre-Emile Hojbjerg.

Letzterer war es dann auch, der den FCA nach der Heimführung durch Ex-Zürcher Raffael mit seinem Traumtor eine Viertelstunde vor Schluss wieder zurück ins Spiel brachte. Sein Weitschuss bedeutete für die Hausherren der Anfang vom Ende, für die Rot-Grün-Weissen der Beginn einer eindrucksvollen Kür zum Saisonende. Mit einem Unentschieden waren alle Augsburger vor Ort zufrieden ausser die elf Akteure auf dem Platz. Und so kam die 77. Minute, in der Tim Matavz nach einer Flanke per Kopf präzise ins weite Eck zum 1:2 traft. Doch damit war es noch nicht vorbei. Bange Minuten folgten, ehe der eingewechselte Routinier Sascha Mölders in der Nachspielzeit einen Konter mit einem herrlichen Lob ins Glück zum 1:3 alles klar machte. Kollektive Ekstase im Gästeblock und kurz darauf folgte der Schlusspfiff. Dann folgte ein letzter Paukenschlag. Der HSV spielt in der Relegation, nachdem sie Schalke geschlagen haben. Damit klettern die Augsburger auf Platz fünf, was die direkte Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League bedeutet.

„In Europa kennt uns keine Sau“ hallte es im Anschluss in den Momenten durch den Borussia-Park, in welchen die Heimkurve nicht lautstark die Champions-League-Qualifikation oder ihre Abgänge feierte. Ein gelungener Tag mit einem Spiel und einer Saison, die aus Sicht der Augsburger kaum besser hätte laufen können. Mögen die Puppen siegreich durch Europa tanzen…


FC Lengnau II - FC Iberico Biel

Nach einem langen Arbeitstag fehlte mir die Lust, den Feierabend für einen Ausflug ins eineinhalb Stunden entfernte Lengnau zu opfern. Schlussendlich habe ich mich dann aber doch zu einem Besuch durchgerungen, zumal ich in Lengnau beim letzten Versuch vor zwei Wochen eine Spielabsage zu verkraften hatte. Heute war ich erleichtert, als ich die Spieler beim Aufwärmen sah. Austragungsort ist der Sportplatz Moos, der neben dem Vereinsheim auch eine kleine Tribüne vorzuweisen hat. Diese war beim Spiel der tiefsten Spielklasse mit 35 Zuschauern nur spärlich gefüllt.

Die Partie verlief wenig überraschend nicht grossartig und so kam es mir vor, dass ich hinter dem Tor stehend in der ersten Halbzeit gleich viele Ballkontakte hatte wie der dickliche Goalie. Dieser musste wie sein Gegenüber einmal hinter sich greifen, was zu einem gerechten 1:1 führt. Zu erwähnen gilt es die Tatsache, dass die Hausherren in der Nachkriegszeit einige Saisons in der zweitklassigen Nationalliga B verbrachte. Diese „glorreichen Zeiten“ liegen lange zurück die erste Mannschaft des FC Lengnau spielt heute in der 7. Spielklasse des Landes.

Lengnau selbst liegt übrigens nur ein paar Minuten entfernt vom neuen Stadion des FC Biel. Die Freude über die imposante Spielstätte wird bei den Seeländern aber verhalten sein, da just auf die Einweihung hin der Abstieg in den Amateurfussball droht.


Bray Wanderers – St. Patrick's Athletic

Nach einer erholsamer Nacht ziehe ich beim Frühstück das französische Gebäck den Spezialitäten aus Irland vor mache und mich anschliessend auf den Weg zur Luas-Haltestelle. Luas heissen hier die Trams, von denen mich eines in knapp 40 Minuten zum Kilmainham Gaol bringt, ein ehemaliges Gefängnis und heute eine beliebte Touristenattraktion.

Nach dem Besuch hier laufe ich zur Heuston Station, wo mich ein Tram zum Bahnhof bringt. Hier fährt der Zug nach Bray, einem Küstenstädtchen, in dem der kriselnde Erstligist Bray Wanderers zuhause ist. In Bray angekommen, nehme ich umgehend den Weg nach Greystones in Angriff. Dieser trägt den Namen „The Cliff Walk“ und ist laut TripAdvisor das Beste, was es in der Region zu machen gibt. Wer zügigen Schrittes unterwegs ist, braucht mit einigen Fotopausen für die acht Kilometer gut eineinhalb Stunden – gutes Schuhwerk ist dabei von Vorteil. Greystones kommt verschlafen daher und an jeder Ecke riecht es nach Fish-and-Chips. Nach einiger Zeit kehre ich zum kleinen Bahnhof und fahre – wieder an der Küste entlang – zurück nach Bray. Diese Zuglinie ist übrigens der Grund dafür, dass der Cliff Walk überhaupt existiert: Er diente den Bauarbeitern als Weg durch das felsige Gebiet.

Bevor es um kurz vor sechs Uhr im Carlisle Grounds losgeht, bleibt mir Zeit für eine Besichtigung des Stadtzentrums und für die Nahrungsaufnahme, ehe ich mich zu Fuss zum Stadion aufmache. Hier wird mir für sieben Euro Einlass gewährt. Unter den 700 Zuschauern drücken etwa die Hälfte den Gästen die Daumen. Auf dem Papier sollte ein Sieg für die Pats keine allzu schwere Aufgabe darstellen, liegt Bray doch auf dem vorletzten Platz. Doch die Hauptstädter verpassen nicht nur drei Punkte, sondern auch den einen, nachdem den Gastgebern in der Schlussphase mit dem 1:0 der Lucky Punch gelingt. Trotz der überraschenden Niederlage bleibt die Stimmung friedlich. Dass es hier kollegial zu und her geht, zeigt sich auch bei den Auswechselspielern, die sich lieber mit verschränkten Armen miteinander unterhalten, anstatt sich aufzuwärmen.

Nach diesem wichtigen Sieg für die Hausherren im Kampf gegen den Abstieg laufe ich zum nahegelegenen Bahnhof und nehme den Zug zurück nach Dublin, ehe mich der Flieger am nächsten Morgen wieder sicher in die Schweiz bringt.


Shamrock Rovers – Longford Town

Was macht man, wenn die Heimat erstmals von einer Hitzewelle und Temperaturen um die Dreissig-Grad-Marke heimgesucht wird? Mit der Badehose an den nächsten Strand rennen? «Grillbieren» unter Freuden? Oder doch den wohl einzigen Ort in Europa besuchen, an dem es trotzdem regnet? Definitiv letzteres! In einer kleinen Tour sollte nämlich der Länderpunkt Irland fallen. Dieser wurde zwar bereits im letzten Jahre während des Aufenthalts in Newcastle angepeilt, die Reise fiel dann aber kurzfristig ins Wasser.

Da Irland glücklicherweise bereits zu Beginn der Saison einen Grossteil der Runden terminiert, konnte im Voraus bereits ein erstes Rahmenprogramm erstellt werden, welches neben viel Sightseeing auch ein Spiel in der Hauptstadt und im Küstenstädtchen Bray vorsah. Und so wurde am Freitagmorgen rechtzeitig der Flughafen Genf aufgesucht. Für einmal wieder alleine, was auf der Tatsache gründete, dass allfällige Interessenten solange auf eine Zusage warteten bis die Flugpreise derart in die Höhe schnellten und man schlussendlich passen musste. Aber alleine ist ja auch wieder einmal interessant. Obwohl so oft alleine war man rückblickend eigentlich gar nicht. Im Hinflug sass man nämlich neben dem kleinen Louis und seinen jungen Eltern, die ebenfalls aus Lausanne stammten. Während der acht Monate alte Jüngling mich offenbar sofort als neues Familienmitglied akzeptierte und auch sonst ein ganz cooler war (abgesehen davon, dass er mir alle zwei Minuten sein Spielzeug „liebevoll“ anschmiss) kam man mit den Eltern ins Gespräch, die mir prompt noch ein Sandwich offerierten. Dieses hatte ich auch bitter nötig. Denn eigentlich rechnete ich mit kostenlosen Bordservice, aber dem war nicht so und so konnten lediglich die bequemen Sitze überzeugen. Zwei Stunden ruhigen Fluges später, mein neuer Freund hatte überraschenderweise übrigens nicht einmal geschrien oder geweint, erreichte man Dublin. Da waren die Jungs eine Reihe vor mir schon eher nervig, die die Flugangst ihres Kollegen mit mehr oder weniger lustigen Sprüchen und anschliessendem Gelächter absichtlich noch förderten. Gute Kumpelwahl haste da getroffen…

Wenig überraschend regnete es tatsächlich auf der Insel und so hastete ich zum nächsten Busanbieter, der einem in einer guten Viertelstunde ins Stadtzentrum bringt. Im Voraus nur sporadisch nach allfälligen Sehenswürdigkeiten geforscht und dabei auch auf „The Spine“ gestossen, eine etwas sinnlose Konstruktion, den es handelt sich hierbei um eine Art Turm, der auf eine Höhe von 150 Metern von einem Durchmesser von drei Metern am Boden auf wenige Zentimeter an der Nadelspitze schrumpft. Kurz ein Foto gemacht und sich dann dem nebenanliegenden GPO-Gebäude gewidmet. Das General Post Office spielte eine bedeutende Rolle in den blutigen Unabhängigkeitsbestrebungen der Irländer. Danach ging es weiter in Richtung River Liffey, über den bereits die nächste Sehenswürdigkeit führt. Die „Half Penny Bridge“ trägt ihren Namen weil man früher jeweils eben einen gewissen Betrag zu berappen hatte um die mit weissem Geländer verzierten Brücke zu überqueren. Heute ist das aber nicht mehr so und erreichte man ohne Liquiditätsverlust den Stadtteil Temple Bar. Hier wimmelt es nur so von Pubs und entsprechendem Publikum. Da es (zumindest für meine Ansprüche) aber noch etwas früh für ein Pint war ging es nach einem Rundgang weiter zum nächsten Statussymbol Dublins. Die Molly-Malone-Statue liegt ebenfalls in Reichweite und hat einen festen Platz in jedem Reiseführer inne. Als schöne Fischhändlerin Dublins, die jung an einem unbekannten Fieber starb, mauserte sie sich irgendwie zur städtischen Bekanntheit und es gibt sogar ein Lied von ihr. Zumindest sagt es die Legende so. Jene sagt auch, dass ein Griff an ihre Brüste Glück bringen soll und so ist die metallene Stelle rund um das pralle Dekolleté der Dame dann auch recht abgenutzt. Ich selber bin aber bereits rundum glücklich und so ging es ohne „körperlichen Übergriff“ weiter in Richtung St. Patricks Cathedral. Insgesamt eine ziemlich imposante Kirche, die aber auch nur besucht wurde, weil sie auf dem Weg in Richtung Hauptattraktion des Tages war. Das Guinness Storehouse. Zugegeben, die hier hergestellte braune Brühe gehört nicht zu meinem Lieblingsgetränk aber ein Besuch drängt sich ja beinahe auf wenn man schon hier ist und für einmal den Pauschaltouristen mimt.

Und so stellte man sich vor dem Gebäude angekommen artig in die Schlange, wo man um die Wartezeit zu verkürzen mit einem jungen Schweden ins Gespräch kam. Später stellte sich heraus, dass Jonas aus Stockholm stammt, Djurgarden-Fan ist und zurzeit als angehender Kapitän auf einem Frachtschiff arbeitet. Da man sich uns auf Anhieb gut verstand entschied man die anschliessende Besichtigung gemeinsam zu absolvieren. Wer auch mal vor Ort ist sollte ab dem happigen Eintrittspreis nicht zu fest erschrecken, zumal immerhin noch ein Pint Guinness in der Gravity Bar inbegriffen ist. Jene Bar steuerte man nach einem mehr oder weniger genauem Besuch der wirklichen Braustätte und deren Geschichte auch an. Mit etwas Glück noch einen Fensterplatz ergattert, von dem man einen guten Blick über die ganze Stadt hat, ehe schliesslich der erste braune Götternektar die Kehle hinunterfloss. Hatte ich definitiv weniger appetitlich in Erinnerung.

So vergingen die Stunden und mein schwedisches Gegenüber erzählte von seiner bisherigen Reise auf See, welche ihn über Holland, Belgien, Spanien schlussendlich nach Dublin führte. Irgendwann musste man dann aber leider Schluss machen, da die Crew von Jonas noch am selben Abend in Richtung Nantes weitertuckern wollte. Da hat sich jemand bei seinem Kurzbesuch in Dublin aber Prioritäten gesetzt. Also verabschiedete man sich und Jonas sagte mir ich sollte mich melden, wenn ich mal Bock auf ein Derby in Stockholm hätte. Djurgarden – AIK, ja das wäre doch mal was…

Um nicht zu spät zu kommen (und auch aus anderen Gründen) setzte ich mich in das erstbeste Taxi, welches mich mit Halt am naheliegenden Zuhause der Pats, wie Landon, mein Taxi-Fahrer seinen Herzensclub nannte in Richtung Tallaght fuhr. Da ich ihm von meiner Leidenschaft erzählte durfte er mir sein bevorzugtes Zuhause nicht vorenthalten und fuhr mit seinem Auto sogar so hin, dass ich vom Taxidach aus ins verschlossene Stadion sehen konnte. Man stelle sich einmal vor, da steige einem ein wildfremder, angeheiterter Tourist auf das Dach der eigenen Kutsche. Wer ähnlich nette Taxifahrer kennt, bitte in die Kommentaren-Sparte unten am Beitrag. Ganz sympathisch!

Eine beachtliche Fahrtstrecke später erreichte ich endlich auch Tallaght, der Stadtteil in dem die Shamrock Rovers beheimatet sind. Gegenüber vom gleichnamigen Stadion reckte sich mein Hotel in die Höhe, was ein absoluter Glücksgriff war. So konnte ich mich nicht nur über ein sehr geräumiges und modernes Zimmer freuen sondern verfügte auch noch über einen der grössten Hotelbalkons, den ich je gesehen habe. Da hätte man ohne Probleme mit dreissig Leuten eine Grillparty schmeissen können. Und das Beste kommt noch. Mit meinem Zimmer im 5. Stock hatte ich geniale Sicht ins gegenüberliegende Stadion (Panoramabild unten) und kurze Zeit lang überlegte ich tatsächlich, mir die Partie vom Balkon aus anzusehen. Zwei Tatsachen entschieden aber dagegen. Erstens war ich mir nicht sicher ob ein Stadionbesuch und der damit verbundene Länderpunkt denn überhaupt als ein solcher „anerkannt“ wird, wenn man nicht mal die Spielstätte betreten hat. Zweiter Punkt war die Tatsache, dass ich seit dem morgendlichen Sandwich nichts mehr gegessen hatte. Ich wusste doch irgendwas hatte ich vergessen…

Also nach dem Bezahlen von zehn Euro Eintritt die Heimstätte der Rovers mit freier Platzwahl betreten und als allererstes einen Imbissstand aufgesucht, wo man sich für die Mahlzeit mit dem klangvollsten Namen entschied. „Garlic Cheese Chips“ direkt aus der vorörtlichen Gourmetküche. Oder auch nicht. So staunte ich dann nämlich nicht schlecht, als ich weniger Zeit später lediglich eine Portion Pommes getränkt in Knoblauchsauce bekam, über jene kalten Reibkäse gestreut war. Die Inseln und ihre Esskulturen wieder einmal. War aber übrigens gar nicht so schlecht wie es aussah. Danach setzte man sich auf die kleinere der beiden Tribünen, welche einem mit ihren Farben irgendwie an die Legosteine aus der Kindheit erinnern. Vor Ort an diesem windigen Abend gut 2‘100 Zuschauer, davon wohl knapp dreisteillig die Zahl der Supporter aus Longford. Auf meiner Tribüne gab es eine kleine Gruppe Heimfans mit einer „Ultras“ Zaunfahne, die neben einem Intro mit kleinen Schwenkfahnen aber eher blass blieb. Das Spiel dann von Anfang an sehr unterhaltsam und zur Halbzeit führten die Kleeblätter mit 2:1, nachdem man früh in Führung ging, sich danach aber in einer starken Phase der Gäste den Ausgleich fing, ehe man den 1-Tore-Vorsprung noch vor dem Seitenwechsel wiederherstellen könnte. Die Pausenunterhaltung ebenfalls sehr erfrischend, so gab es nicht irgendein Sinnlos-Gewinnspiel vom Hauptsponsor sondern vielmehr unterhaltsamen und lebensfreudigen Kleinfeldfussball von zwei eingeladenen Teams mit Spielern, die geistig behindert waren. Sehr sympathisch und gelungen die Aktion!

Nachdem die Jungs das Feld räumen mussten, waren die Profis wieder an der Reihe mit Abschnitt zwei. Optisch durch die beiden Trikots hätte man meinen können hier spiele Fürth gegen die Eintracht aus Frankfurt, spielerisch war es aber eher so Wattenscheid – Lotte Niveau. Tore gab es jedoch immerhin nochmals zwei zu bestaunen, jeweils auf jeder Seite eines, was zu einem knappen 3:2 Heimsieg für die Rovers gegen die sich aufopfernden Gäste führte.

Mit dem Schlusspfiff und den wenigen Schritten ins gegenüberliegende Hotel ging für mich ein Tag im Zeichen von schlechtem Wetter, rothaarigen Mädchen, Kleeblätter und ganz vielen Pubs zu Ende.


Urania Genève Sport - FC Saxon-Sports

Mit knapp siebzig Fussballplätzen in der Schweiz behaupte ich, bereits eine beträchtlicher Menge einheimischer Stadien besucht zu haben. Trotzdem ist die To-Do-Liste noch immer von stattlicher Länge, wobei ich dem Stadion an erster Stelle, jenem von Urania Genève Sport, heute endlich einen Besuch abstatten sollte.

Gelegen in einem ruhigen Quartier in Genf kann das Stade de Frontenex auf eine lange und bewegte Vergangenheit zurückblicken. Erbaut kurz nach dem ersten Weltkrieg war es nicht nur Schauplatz der Cupspiele, die Urania Genève Sport 1929 allesamt gewann und schliesslich im Final auch noch die Berner Young Boys besiegte und somit den ersten und einzigen Cupsieg feierte. Nein, einige Jahre später kam gar eine Vizemeisterschaft hinzu, in der sich UGS lediglich den Grasshoppers aus Zürich geschlagen geben musste. Nebenbei fanden im Vélodrome um das Spielfeld auch nationale Wettkämpfe im Radsport statt.

Seit Jahren ist es aber ruhig geworden um den Verein und dessen altehrwürdige Spielstätte. Die Radbahn wird nicht mehr genutzt und das Stadion ist jeweils nur noch spärlich gefüllt, wenn Urania jeweils ihre Heimspiele der 2. Liga interregional hier austrägt. Diese Saison macht das UGS aber ausserordentlich gut, sodass sie als Tabellenführer gute Chancen auf einen Aufstieg in die 1. Liga classic haben. Dafür ist aber auch heute ein Sieg gegen den Gast aus dem Wallis von Vorteil, der zumindest auf dem Papier her den Kürzeren zieht.

Als ich wegen des Feierabendverkehrs erst knapp vor der geplanten Anpfiffszeit das Stadion erreichte, sassen die Spieler nur lässig auf der Treppe vor der Tribüne. Was war der Grund dafür? Ich fragte beim Trainer nach, wobei dieser statt einer Antwort schlicht eine Gegenfrage auf der Zunge liegen hatte. Ob ich denn der Verantwortlicher von Saxon-Sport sei? Mit der Geschichte über meiner Leidenschaft habe ich ihn verschont und es bei einem kurzen „Non, Monsieur, je suis désolé“ belassen. Kurze Zeit hatte es mich aber gereizt, dem Trainer ein skurriles Schauermärchen aufzutischen, zumal ein bescheidener Fussballer wie ich nicht oft die Chance hat, eine Partie der fünften Spielklasse mitzuentscheiden.

Kurz vor Ablauf der „Wartefrist“ tauchten endlich erste Spieler von Saxon auf, die den Anwesenden wie artige Primarschüler sogleich den Grund für ihr verspätetes Erscheinen mitteilten: Ihr Mannschaftscar war aufgrund des Feierabendverkehrs rund um Genf im Stau stecken geblieben. So konnte es mit 45 Minuten Verspätung doch noch losgehen. Bis dahin blieb mir Zeit für ein paar Fotos sowie einen Becher kühles und appetitliches Bier – der Spezialist tippt auf das belgische Leffe.

In einem kampfbetonten Spiel erzielte der Aussenseiten aus dem Wallis in der Mitte der ersten Halbzeit per Volley die Führung. Unter den 60 Zuschauern waren auch einige ältere Herren, die den Gästen die Daumen drückten, denn anders ist die witzige Aussage „L’arbi c’est l’heure“ (Schiedsrichter, es ist Zeit abzupfeifen) eines solchen unmittelbar nach dem Führungstreffer nicht zu erklären. Dieser hörte natürlich nicht auf den ironisch gemeinten Ratschlag des Seniors hören und liess das Spiel weiterlaufen. Zehn Minuten später folgte der verdiente Ausgleich, ehe die Mannschaften für eine verkürzte Pause den Gang in die Katakomben antraten. In der zweiten Halbzeit drohte das gehässige Spiel dem Schiedsrichter langsam aber sicher aus den Händen zu gleiten. Es regnete gelbe Kartons auf beiden Seiten während Torchancen Mangelware blieben. Schlussendlich fand der Ball aber doch noch einmal hinter die Linie. Unerwartet beim Leader UGS, der nach dem 1:2 nicht nur mit dem Schiedsrichter, sondern auch mit dem Auftritt der Gäste haderte.

Höchste Zeit, mich aus dem Staub zu machen, um als vermeintlicher Saxon-Verantwortlicher nicht noch für das zu späte Erscheinen sowie den unverdienten Punkteklau geradestehen zu müssen.